Noch ein Mal


Farbloses Bild
„Noch ein Mal schlafen“, sagte der Moderator, dann isses soweit. Auch er wusste nicht, was mit „soweit“gemeint ist und ließ Andere zur Sprache kommen. Zum Beispiel andere Länder, in denen selbstgestylte MenschenkennerInnen vor sich hingrübeln, oder zumindest eine lebendige Neugier in sich vorfinden und diesen Neugierstrahl auf Deutschland werfen, wo man hektisches Treiben vermutet, denn der Thron, von dem aus dem Volk gedient werden soll, ist frei geworden. Die Regentschaft von Königin Merkel ist zu Ende gegangen, und da geht schon was dahin, was man gerne erhalten möchte oder in einer Persönlichkeitsnachfolge wiederfinden. Aber ach, da sieht’s nicht so rosig aus, nein, eher etwas farblos. Am liebsten möchte man sich ein paar kindliche Reimchen erlauben wie „Lasset doch den Laschet (fahren)“, oder „Schade, dass es die Baerbock verbockt hat“ (aber hat sie’s wirklich?), oder „stolzer Scholz“ undsoweiter, man will ja in so einem Denken nicht glänzen. Aber ein bisschen Glanz vermisst man da schon. Irgendwann dachte man mal, vielleicht wäre doch der Söder besser gewesen, aber was heißt schon besser. Das Interessante ist, dass, hat man sich einmal durchs eigene Zwergenhafte durchgeackert, man auf einer sonnigen Terrasse im All landen kann, um einen herum das brausende Nichts, und aus diesem Nichtsgebrause wird eine neue Regierung entstehen, und dann muss man schauen, wie’s weitergeht. Die Tatsache, dass ich meine zwei Kreuzchen mühelos gesetzt habe, sagt ja gar nichts. Aber jedes Kreuz ist auch gleichzeitig ein Zünglein an der Waage. Muss nicht, kann aber sein. Insofern ist man nicht nur am Frühstückstisch verantwortlich für den Gesamtzustand, sondern gerade von dort aus führt es ja geradewegs zu den Urnen, wo eine weitere Meinung in den Kasten fällt. Das deutsche Volk wählt also eine neue Führungskraft. Schwer sind sie zu lesen, diese Deutschen. Der Kleine, wie heißt er doch (und ist er überhaupt klein?) kam ja zuerst gut rüber, eine rheinische Frohnatur nennt man ihn und auch seine Frau sei eine. Aber dann schlich sich da etwas ein, da wollte man auf einmal nicht mehr. Man war ja schon heilfroh, dass Merz aus dem Feld geschlagen war, jetzt droht noch der Herr Lindner mit Aufschwung. Ach, ach. Aber was, wenn alle Grünschnäbel und Fridays For Future Lovers doch noch Frau Baerbock wählen, und alle VegetarierInnen und von mir aus alle VeganerInnen und von mir aus auch alle die, die auf Fleisch (noch) nicht verzichten können, also so ziemlich alle, die mal grünes Licht haben wollen und volle Fahrt voraus preschen oder von mir aus auch gedanklich rege mitgestalten möchten, eben: Hey Leute, hier ist die Chance für einen Landslide. Eine junge Frau, die reifungsfähig ist, vorne an der Spitze, unterstützt von denen, die Wandel wollen und auch zulassen können, und Habeck im Hintergrund. So, jetzt habe ich meine Wahlrede gehalten. Gestrichene  Butterbrote an „Bedürftige“ zu verteilen wäre jetzt nicht so mein Ding, obwohl ich mich gefreut habe, dass wir  um diese Zeit herum den Tag der Butterstulle feiern dürfen. Wenn man als Fremder oder Flüchtling weiß, was eine Butterstulle ist, ist man schon fast einheimisch. Also noch ein Mal (oder auch zwei Mal) schlafen, dann wissen wir wenigstens genau, was wir die ganze Zeit geahnt haben.

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