stabil

Wenn ein Sturm angekündigt wird oder einfach auftaucht, ist es gut zu wissen, möglichst durch persönliche Erfahrung, dass es irgendwo in der Mitte der Turbulenzen ein Auge gibt, in dem eine stabilisierende Ruhe herrscht, das heißt: das Auge selbst ist der Raum. Doch diese Ruhe ist insofern nicht ganz verlässlich, da man ja doert wegen der Unruhen Zuflucht finden kann, aber keine Antworten auf die Situation. Man erinnert sich dann, wie wir gerade in der Afghanistan-Krise beobachten können, an Frühwarnsysteme, die man einschätzen lernen muss. Oder es wird gewarnt und andere hören es nicht. Oder sie hören es, und man selbst hält etwas nicht für den Zeitpunkt der Entscheidung. Denn auf gute Entscheidungen läuft es doch hinaus. Gute Entscheidungen brauchen Mut und Erkenntniskraft, und zuweilen werden auch Helden und Heldinnen aus dem Chaos hervorgejubelt und geehrt, doch wer will schon einen toten Heldensohn haben. Oder sind es noch zu viele, denen die Ehre des Landes so sehr über alles geht, dass sie sich bereitwillig opfern. Oder vielleicht ist auch jeder Soldat von seiner Unsterblichkeit überzeugt, wovon wir alle ein Tröpfchen haben. So wie ich hundertprozentig davon überzeugt bin, dass ich kein Covid kriegen werde, bin doch nicht blöd. Trotzdem hat es mich zuweilen im Griff, denn die Verluste sind mir nicht erspart geblieben. An Menschen, an Ländern, und vor allem Indien ist in fast unerreichbare Weite gerückt. Denn selbst wenn ich dort hinfliegen kann, muss ich jetzt klarer reflektieren, warum ich in dieser Zeit dort sein möchte. Immer die Maske entweder auf der Nase oder in der Tasche, mit Modi an der Spitze des Landes, der nichts als Unheil angerichtet hat, was aber unter meinen indischen Freunden nur von Frauen so gesehen wird, man kann da durchaus ein Erwachen feststellen. Aber wie, woran und wodurch eine/r erwacht, das ist eine andere Sache. Erwachen kann unter anderem bedeuten, aus dem gängigen Netz der Konventionen herauszutreten, das mit Gewohnheiten und Lügen gestrickt und deswegen als Illusionsfeld gesehen wird, auf dem sehr wohl die Spiele stattfinden, die jeder so für das eigene Dasein zusammenfügt. Dort, wo zusammengefügt wird, zeigt sich alsbald die Qualität der Ideen und Gedanken, die am Werke waren. Und lange wird gegrübelt, und viele Gedanken werden zurecht geheimgehalten. Aber früher oder später enthüllt sich dennoch die Spielweise, und jede/r muss umgehen mit den Resultaten der eigenen Inszenierungen. Wo sich Empörung gegen diese Einstellung zeigt, muss man zu den Hintergründen gehen. Hinter denen sind ja meist noch andere Gründe, politisch, menschlich undsoweiter, und dann die Abgründe, die noch weiter dahinter liegen, bevor die einfachen Fragen auftauchen, die keine Antworten mehr im Schlepptau haben. Und keine Ratschläge. Schluss mit dem Vorschlagen, Nachschlagen, Ratschlagen, und natürlich auch Schluss mit der Schlagsahne, das darf nicht fehlen, bevor man sich wieder etwas erholt. Von einem Riss im Schicksal, auf den man gar nicht vorbereitet sein konnte, weil das Schicksal so nicht arbeitet. Es ist ja da, immer, unleugbar. Und es ist nicht nur der Kairos-Moment, der mir hierzu einfällt mit hellem, warmem Licht, sondern es ist vor allem die Zeile aus Leonard Cohens Song: „There is a crack in everything, that’s how the light gets in“.

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