Vakuum-Spreader

19th Century brass laboratory vacuum pump engraved `E. Ducretet & Cie, Rue des Ursulines 21, PaJoachim Löw – Wikipedia

Es werden so viele neue Worte erfunden, da kann man ruhig ab und zu mal selber eins ins Spiel werfen. Auch die Symbolik kann man selbst bestimmen: hier eine Vakuum-Pumpe aus dem 19. Jahrhundert neben Jogi Löw, mit dessen Namen man auch stets spielerisch umgehen konnte, und nun ist halt passiert, was man, auch ohne zu viele Emotionen lieber anders gesehen hätte, auch weil es das eigene Schauen betrifft. Zweifellos lag eine geradezu unheimliche Spannung in der entfesselten Atmosphäre der zugelassenen tausenden von Fans, eine Art englischer Kumbha Mela, für deren Erlaubnis ein weiterer Männerclub sich vermutlich nicht verantwortlich zeigen muss, wenn in der dort galloppierenden Variante die drei Gs sich doch nicht so verlässlich gezeigt haben. Erstaunt hat mich dann doch ein kleines Mädchen, die gar nicht aufhören konnte zu weinen über den Verlust, und ob sie sich später wohl erinnern wird, mit was er verbunden war. Oder hat er auch nur gedient für etwas ganz anderes, zum Beispiel einfach ein Wunsch nach viel Weinen. Auch zum Beten gefaltete Hände konnte man sehen, und für Thomas Müller war es auch nicht so schön, dass der Fußballgott ihm praktisch das Tor vor die Füße legte. Das wäre auch für ihn ein guter Abschluss geworden, wobei diese wichtige Frage  natürlich auch auftaucht, nämlich wann ein guter Abschluss ist, als könnte man das vorher ahnen. Und doch gibt es ihn. Siege und Gewinne können im Augenblick ihres Geschehens ungeheure Emotionsgewitter hervorrufen, die man günstigerweise lernen muss zu verschmerzen, egal, wo sie auftauchen. Für die, die noch  Trauer zu bewältigen haben, stehen außerdem an öffentlichen Gebäuden heute die Fahnen auf Halbmast, zum Gedenken an die Covidtoten, was man wiederum mit der verblüffenden Anzahl der Fans im Stadium verbinden kann. Ich finde, dass das Wort „Vakuum“ ein sehr passendes ist für den momentanen gesellschaftlichen Befindlichkeitszustand. Wir alle wollen unbedingt wieder reisen, und beim Blick in die mühsam zu bereisende Welt entstehen dann diese Vakuum-Blasen mit den latenten Fragen, die nicht zu beantworten sind. Eben wie’s weitergeht diesen Herbst. Denn auch wenn wir den Lockdown bestens bewältigt haben, will man doch das Ganze ungern nochmal bewältigen, ohne zwischendurch eigene Reiseziele umgesetzt zu haben. Als ich gestern mit Anil in Delhi telefoniert habe, hat mich verstimmt, dass er die tausenden von  Neuinfektionen und der ziemlich hohen Anzahl der täglich an Covid Sterbenden in ein Verhältnis zur Bevölkerungszahl gesetzt hat als doch verhätnismäßig gering, und ich musste etwas Vakuum hineinpumpen. Dann hat mich doch verblüfft, dass er mich fragte, ob Basti Schweinsteiger das Spiel wieder kommentieren würde. Wenn etwas in der globalen Entwicklung sich zum „Normalen“ zugesellt, verliert man leicht den Blick auf die vielen Auswirkungen des revolutionären Vorgangs, der unaufhaltsam stattfindet. Eben: „Sich über alles wundern oder über gar nichts…ja was denn nun!?“ (Aus einem ehemaligen Comic der Frankfurter Allgemeine unter dem Titel „Zank der Philosophen“.)

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