Muskeln

Wahrscheinlich hat schon irgendwer bewiesen, dass nicht nur die körperliche Form je nach Vorstellung und Praxis wahre Muskulatur-Wunder hervorbringen kann, und nicht nur so mancher Mann ist auch im Business durch gut platzierte Muskeln zu Erfolg gekommen, sondern auch Frauen wie Grace Jones haben davon profitiert – wie komme ich nur jetzt wieder raus aus dieser Gedankenschiene, denn sie führt ganz woanders hin, als die Richtung, die ich einschlagen wollte, und ich würde dann unter Umständen bei den halbschattigsten Anekdoten meines Lebens landen, who knows? Ich steuere also zurück zu der vermuteten Beweisführung, dass auch das Gehirn durch Praxis Muskeln entwickeln kann, was z.B. zur Folge hat, dass man sich selbst bei Spielen, von denen man relativ wenig kapiert, nicht unbedingt langweilen muss. Es kommt auch immer auf das Setting an, in dem etwas stattfindet. So hatte ich tatsächlich um 18 Uhr alles erledigt, was ich mir in der schwülen Luft gerade noch vorstellen konnte, und noch ein Fußballspiel gesehen, bei dem die Deutschen eben nicht gespielt haben. Das war lehrreich, denn tatsächlich musste ich mit meiner Behauptung zurückrudern, die Deutschen hätten diese oder jene auffallenden psychischen Strukturen, die nur auf sie zutreffen. Nein, weiß ich jetzt. Jede/r, der irgendwie und irgendwo verliert, muss sich wieder hochrappeln aus der latenten Traumatisierung, und das funktioniert ja meistens ganz gut, hat man nicht tief in der Urstruktur der Psyche ein resonierendes Leid, was dann angeregt  zu werden vermag und an die Oberfläche gelangen, wo es sich mit dem Leid des Momentes verbünden kann. Außerdem kann man, bemerke ich, etwas entspannter zuschauen, wenn das Spiel des eigenen Landes einen nicht in emotionale Wallungen bringt. Man staunt auch still vor sich hin, was vollkommen durchtrainierte Körper alles leisten können, so als wären kurze Körperflüge doch eine Möglichkeit, was man ja auch von der Kunst des Tanzes kennt. Schwerelosigkeit, Überwindung der Körperträgheit. Beeindruckend- Doch sitze ich  auf der anderen Seite der Scheibe und kann mich durch alle möglichen Beobachtungen schulen und korrigieren. Und wie ausgeklügelt das Ganze in den letzten Jahren geworden ist. Kein Millimeter entgeht dem digitalen Auge, kein Fehltritt, keine Glanzleistung. Der Schiedsrichter, eine interessante Berufung, kann sich zur Überprüfung an den neuen „deus maximus“ wenden und dort Klarheit erlangen darüber, wie es wirklich war. Unterdessen blüht und brütet und wächst die Natur wild vor sich hin oder nimmt mal wieder alles sorgfältig Gepflanzte mit in Strömen von einem Zuviel. Nicht zu viel für sich, sondern den Menschen, der trotz aller inneren und äußeren Muskulatur so anfällig ist, so zart, so ungeschützt, und kein Training und kein Muskel kann es verhindern, dass man umgehen muss mit den Kräften, die sich aus dem Zusammenspiel ergeben. Auch hier gilt der schöne Spruch, dass „Liebe (oder Respekt) der Verzicht ist auf Mord“, auch im Sport. Ein lebendiges und anregendes Spiel wünsch‘ ich, und d a s den ganzen Tag.

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