schweifend

Um willkommen geheißener Gast im eigenen (inneren) Wohnort zu sein, muss man einige Dinge bedenken. Niemand weiß, unter welchen zeitlichen Bedingungen ein Quantensprung gelingen kann, heißt aber, dass mindestens für die Länge eines Nus alle Anhaltspunkte losgelassen werden, also all d i e Aktivitäten, die an Erwartungen, Projektionen, Wünsche etc gefestigt sind und hier ein Hindernis darstellen. Ganz-bei-sich-sein ist das Wohlgefühl, wenn man nach einem Salto mortale oder vivante mit beiden Füßen fest wieder auf dem Boden der Tatsachen ankommt. Der Boden der Tatsachen besteht inmitten des Ungewissen aus dem, wer man da ist. Vielleicht lernt man sich da ja erst richtig kennen, immerhin hat man sich zugelassen, obwohl dank der Präzision der Sprache ‚zulassen‘ auch zwei Seiten hat. Immer ist Wegkreuzung, und immer ist Seiltanz, nein, korrigierte sie sich, eben nicht immer, sondern nur dann, wenn es da ist und man merkt, dass man nicht ausweichen kann. Einmal in Delhi spielte ich ein Computerspiel mit dem 14-jährigen Sohn meiner Freunde, und er fand es lächerlich, dass ich keine Waffe abholen wollte, weil man ohne Waffe gar nicht weiter kam. Gut, ich holte mir einen Dolch und kurz danach sollte ich ein Einhorn töten. Ich hatte nicht die geringste Lust dazu, so ein Verbrechen zu begehen. Aber das ist doch nur ein Spiel, sagte er empört. Das sehe ich auch zuweilen so, aber ’nur‘? Nur ein Spiel? Wenn man das Spiel wirklich spielen will, dann weiß man, dass es auf jeden Zug ankommt. Das Gehirn ist hochkonzentriert, denn es geht immer um etwas, etwa die gleichermaßen schwierige Angelegenheit des Verlierens und des Gewinnens.  Ich denke, dass das mit Deutungen überladene Wort erleuchtet für unsere Zeit heruntergeholt werden muss oder kann, vor allem von hohen Himmeln. Und man kann bedenken, dass für die notwendige Klarheit vor allem Vernunft ratsam ist. Dass man eine Art Nüchternheit zulässt, die einem beides, Dabeisein und Zuschauen, möglichst mühelos ermöglicht. In der Welt geschehen gewaltige Dinge, und auch Wikepedia ist in gewissen Zusammenhängen nur ein flüchtiges Samenkorn. Es kommt ja ganz darauf an, wie sich das Ungewisse gestaltet, denn schließlich machen ja alle, die herumlaufen und herumstehen und herumliegen, wir machen also alle mit. Und egal, wie schwierig die Lage mir vorkommt, ich kann dennoch entscheiden, wie ich damit umgehe. Diese Freiheit ist jetzt auch gegeben, oder muss man hier wieder den Glückskeks bemühen, wenn man (durch puren Zufall, möchte man sagen) d a gelandet ist, wo das persönliche Leid sich in Grenzen hält. Auch weiß man ja nie, wie lange das anhält, das weiß man auch nach 70 Jahren Frieden noch nicht, denn wie kann man es wissen? In gewisser Weise (und nur einer Variante) verkörpert ja das Virus das Ungewisse. Es ist überall und gleichzeitig nirgendwo, es bietet weder Schutz noch direkte Bedrohung und arbeitet vor allem im Unsichtbaren, wo sich auch die Anti-Körper versammeln, wenn sie das tun. Auf jeden Fall ist man beschäftigt als Steuerfrau, die Sichtweise schweifend, den Blick aber mit der Richtung verbunden.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert