rütteln

Moria – ein weiterer dunkler Fleck auf der Herzgegend der Menschheit. Groß muss sie sein, diese Gegend, um angemessenen Raum zu schaffen für die Dunkelheiten. Denn noch kein Licht, das haben wir doch selbst erfahren, ist ohne Finsternis geboren worden, so geheimnisträchtig die Vorgänge auch sein mögen. Ist das geheimnisvoll, wenn alle wissen, dass diese ausgebrannten Flüchtlinge in Moria nun im schnell errichteten Notlager auf Wasserpfützen liegen, weil es keinen Abfluss gibt, und nicht genug Feldbetten, und nicht genug Essen. Und hat man die Griechen (in diesem Fall) auch verstehen können, dass sie mit dieser seit Jahren verheerenden Situation nicht allein gelassen werden wollten, so muss man sich doch fragen, wann etwas vom scheinbar Menschlichen ins eindeutig Unmenschliche gleitet. Nun bin ich selbst als zufällige Hineinlauscherin in menschliche Höllenwelten immer wieder damit beschäftigt, die eigene Sturzbetroffenheit einzuordnen in meine eigene Welt. Kenne ich dieses Gefühl, mich aus einer Art Schlaf zu erwecken hin zu einem Menschsein, wo es nicht mehr um Erlaubnisse gehen darf und um Papiere, jedenfalls der Reihe nach wie bei der Schiffsevakuierung: Kinder, Frauen, Männer. Was meinte die berichtende Ärztin ohne Grenzen? Sie meinte, das wäre einfach schrecklich, Kranke und schwangere Frauen nach dem Besuch in den provisorischen Behandlungzentren wieder zurückzuschicken in diese unbelebbaren Wohnpfützen. Als wer sollen wir da hinschauen. Oder wenn so ein Mensch wie Trump behauptet, den 500 Kindern, die durch seine Befehle getrennt wurden von ihren Eltern, die man nicht mehr finden kann, denen ginge es gut! Wenn eine Frau, die dort mal nachschauen ging, gesehen hat, wie es wirklich ist, und dass die Kinder auf dem nackten Boden schlafen und gehalten werden wie Gefangene. Nun darf es ja keine lange Liste der Finsternisse werden, da wäre der Tag dahin und würde vermutlich mit einem Ohnmachtsanfall enden. Dass das Schicksal Anderer überhaupt ans eigenen Herz gelangen kann, kann ja nur daran liegen, dass etwas ganz Tiefes uns alle verbindet und wo wir ein Leid erfahren können über unser Unvermögen, lindernd einzuwirken auf die Grausamkeiten, vor allem, wenn sie vermeidbar erscheinen. Muss das wirklich sein, dass schwangere Frauen und Kinder in einem Dreckloch weiterhin das Leben als ein nimmer endendes Elend erfahren, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint, weil alle Wege, die da herausführen können, verriegelt sind? Lässt man das mal ganz tief hinabsinken und immer weiter sinken und sinken, kann das auch zu einer Art Erlöschen führen. Das ist auch Menschen passiert, die ganz und gar davon ausgingen, dass eine edle Menschenart erschaffen werden kann, die ein besseres Zeugnis abgibt vom Menschsein als dieser gefährliche, filmstoffreiche Trubel, um den keine/r herum zu kommen scheint. Diese gefährliche Art des Besser-sein-als-andere-Denkens birgt jedoch nur die andere Seite der Skala: die Hybris, das Besserwissen, die Einbildung undsoweiter. Ja, ich habe nicht diese Kraft, mich an der Situation in Moria aktiv zu beteiligen. Und vielleicht erzeugt es nur d i e Dankbarkeit in mir, durch das Mitfühlen an den Toren meines eigenen Menschseins zu rütteln.

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