retten

Beim Vorüberfahren sah ich auf einem Schild den Aufruf, den Grüngürtel zu retten. Rettet den Grüngürtel! Ich wusste noch nicht mal, welcher Grüngürtel gemeint war, aber meine Gehirnzellen schütteten eine Menge Info aus über das, was gerettet werden könnte, musste, sollte. Die Tiere die Menschen die Wälder die Arbeitsplätze, die Liste ist lang, sehr lang. Sie scheint immer länger zu werden, obwohl sie wahrscheinlich schon immer ziemlich lang war. Aber hätte man die Kinder von Medea wirklich retten können, also Medea irgendwie zur Vernunft bringen, bevor es zu spät ist. Oder wollte nur ein Dichter eine Frau erschaffen, die zu so einer Tat in der Lage ist: eben genauso morden, wie es die Männer können, zum Beispiel aus Rache an dem, was ihnen angetan wurde, bevor jemand oder sie sich vor sich selbst retten konnten. Oder die Maus vor der Katze retten, oder die Katze vor des Nachbars Hund, oder das Opfer, das noch zappelt im Spinnennetz und man es herausgreift, weil man zufällig da war. Oder der Horror von Moria, wenn man nicht mehr weiß, wen man am liebsten gerettet sähe. Denn versteht man nicht auch die Einheimischen, die ihre Insel mal wieder ohne herumirrende Flüchtlinge erleben wollen, was natürlich auch Quatsch ist, weil Lesbos wird nie wieder sein, was es im Einst der Erzählkünste einmal war, oder nie war, oder erst jetzt etwas Bedeutsames wurde, weil als verloren erkannt. All das, was ja da war, bevor d i e alle kamen. Und natürlich wäre es wünschenswert, wenn die von irgendwoher Geflohenen und bereits schon einmal Geretteten jetzt auch menschliche Lebensformen finden könnten, bis sich weitere Öffnungen zeigen. Das Schwierige ist, dass überall ein Schlückchen Wahrheit mitschwimmt, das der vorgefundenen Realität nicht gerecht werden kann. Gar nicht an ‚Retten‘ müsste gedacht werden, wo man einen Zusammenhang sehen könnte zwischen den Schicksalskonten, wo eine Möglichkeit zur Ausgleichung sich zeigt, das ist wohl zu viel verlangt und würde eine komplizierte Aufarbeitung erfordern. Und wo man selbst zu schwimmen anfängt ist (z.B.), wenn man im Sterben der Bäume nur ein Erscheinen von Lichtung sehen will. So, wie man es gern hätte, dass überall da, wo zur Zeit die Touristenmassen fehlen, alle froh sind,  mal wieder ohne die hungrigen Geister ihre Welt zu erleben. Und jetzt erfahren, dass es sie gar nicht mehr gibt, ihre Welt. Und dass selbst der Geschmack der Erbsen nicht mehr gerettet werden kann, denn es gibt ihn einfach nicht mehr. Und wie soll man den Boden vor den Giften retten? Das wird lange dauern, bis man  d a s wieder die Mutter aller Wesen nennen kann, dieses vergiftete Etwas, um das alle kämpfen, als hätte jemand eine Erbschaft verteilt, die es zu verteidigen gilt. Ansonsten ist  ‚rette sich, wer kann‘ ein Befehl an eine Schiffsbesatzung, wenn koordinierte Rettungsmaßnahmen abgeschlossen oder aussichtslos sind. Es hängt von den Verbindungen ab, die man herstellt, und um was es einem letztendlich oder gerade geht.

 

 

 


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