Nichts

Gestern habe ich dann endlich den Satz oben aus den Seiten der Zeit entfernt, und es dauerte nicht lange, da hatte ich den Wunsch, den Artikel ‚Das‘ dazuzufügen. Es faszinierte mich innerhalb des angemessenen Momentes, der solche Unterhaltungen ermöglicht, dass diese drei Buchstaben dem Satz einen völlig anderen Sinn hinzufügen. Aber gibt es hier wirklich einen gravierenden Unterschied zwischen nichts, das in Stein gemeißelt ist, und dem Nichts, das in Stein gemeißelt ist!? Nichts würde einfach weiterhin sein, was es immer schon war und auch weiterhin ist, hätte es nicht in vielen Welten zu Kontemplationsmarathonen geführt und zu ekstatischen Wanderungen in den Synapsengängen. Ahhh! Le vide! Le néant! Ganz zu schweigen von kucch nahi hai, das, was nichts ist, oder doch das immense Nichts, von dem alles ausgeht und aus dem gemäß kosmischer Genetik auch nur wieder ein Nichts entstehen kann, das sich als etwas verkleidet. Heute früh habe ich nach langer Zeit mal wieder aus meinem Regal das Buch mit dem Titel ‚Nichts‘ von Ludger Lütkehaus herausgenommen (falls sich jemand für das Nichts interssiert) herausgegeben bei Zweitausendeins und daher zumindest empfehlenswert, auch wenn ich selbst immer froh war, das Buch zwar zu haben, aber ich wollte nie hineinschauen, weil: wieviel Nichts kann da enthalten sein, und weiß ich nach 757 Seiten tatsächlich mehr über das Nichts, und was geschieht dann mit meinem eigenen Nichts, und wieviel Lütkehaus will ich tatsächlich in meinem Nichts haben. Allerdings habe ich gerade, weil das Buch seit gestern auf meinem Schreibtisch liegt, nun doch hineingesehen wegen der genauen Seitenzahl, also so viel Nichts hat er immerhin aus sich herauskreirt oder vorgefunden, und ich habe dabei bemerkt, dass das Buch mit ein paar poetisch angeordneten Worten endet, die offensichtlich auch zusammenfassen, was er da alles entdeckt hat, deswegen schiebe ich sie jetzt hier ein, schließlich ist Samstag und jeder tut, was er oder sie kann:

Nichts ist nichts.
Nichts entgeht nichts.
Im Nichts vergeht nichts.
Nichts ist nichts.
Gar nichts.
nichts

Das letzte ’nichts‘ ist tatsächlich nach dem Punkt kleingeschrieben, ich vermute mal, dass das absichtlich war und nicht die schwarze Kunst. Natürlich fiel mir dabei auch mein eigenes Gedicht ein, das mit: ‚Ich will im Nichts ein großes Schweigen bauen‘ beginnt, was wiederum beweisen könnte, dass auch das Nichts eine Architektur braucht, um darin zu erscheinen, denn wenn es tatsächlich nichts wäre, dann könnten wir davon nichts wissen. Dann habe ich vor langer Zeit ein Lied über das Nichts geschrieben, das strömt jetzt alles so aus meinen Archiven heraus, was neue Fragen gebiert, die dem Nichts das Wesen rauben würden. Dieses Lied war und ist ein Liebeslied an das Nichts (Song to Nothing), das geht schon besser, denn lieben kann man alles, was Liebe in einem hervorruft, und da ist das Nichts keine Ausnahme. Du und ich, besang ich damals das Nichts, gekleidet in den Farben des Himmels. Nun wissen wir inzwischen, dass es eine ziemlich freizügige, planetarische Grundausstattung gibt, mit der man hier antritt, wo das Nichts leider schon ziemlich vordefiniert und von vielerlei Wesenhaftem bewohnt ist. Das hilft ja nichts, sich dagegen zu wehren, nein! Umgehen muss man damit, ob man will oder nicht, und wollen ist schon ganz gut, und können ist auch schön. Etwas beitragen können zum bunten Teppich, Tuch und Turban tragen, warum nicht, oder endlich den gestreiften Zweireiher und die Krawatte kaufen, oder gänzlich auf alle Bentleys verzichten, langsam die Lügen abbauen und die Geschichten zumindest soweit klarstellen, dass sie andere nicht anöden müssen, weil auf das Wesentliche verzichtet wird. Was ist das Wesentliche? Ach, jetzt bin ich so richtig in Fahrt und muss aufhören, sonst werden es vielleicht auch noch viele, viele Seiten, die nichts anderes im Sinn haben, als das Nichts zu vertreiben.

 

 


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