vergeben (?)

Nicht, dass ich den Eindruck erwecken möchte, am Schicksal der bald zu Hängenden zu hängen, aber ich fand noch bemerkenswert, dass ein Richter sich an die Mutter der (Nirbaya)-Tochter gewandt hatte mit der Frage, ob sie den Vergewaltigern und Vernichtern ihrer Tochter vergeben könnte, so wie, meinte er, Sonia Gandhi den Killern ihres Mannes vergeben haben soll, (daran konnte ich mich nicht erinnern). Nirbayas Mutter wies das empört zurück und meinte dass, selbst wenn Gott sie darum bitten würde, sie ablehnen müsste. Die Frage des Richters hat dieselbe Qualität wie die unzähligen und ungeheuerlichen Bemerkungen, die vor allem in den Fällen von Vergewaltigungen auch von Ministern  als ‚Lösungen“ geäußert werden, zum Beispiel dass die Frau doch den Vergewaltiger heiraten solle, dann ist ihre Ehre gerettet. Wann und warum sich in den Köpfen eines Volkes etwas derart Unvorstellbares breitmachen und vor allem bereitmachen kann, ist und bleibt etwas schwer Nachvollziehbares. Fakt ist, dass jede Frau, die in diesen indischen, familiären Gefängnissen den Mut hat zu einer Weigerung, schon beiträgt zu der längst fälligen Bewegung, die ohnehin langsam in Gang kommt, wenn auch im Schildkrötentempo. Ich muss mich immer wieder mal selbst daran erinnern, dass ich ursprünglich in ein anderes Indien eingestiegen bin, in dem mir die Tragödien der Häuser weitgehend verschlossen blieben. Allerdings ging es auf meinem Weg auch jahrelang darum, mich als Frau in einer männlich besetzten Welt (von Sadhus und Mönchen und Bruderschaften etc) durchzusetzen, da man alle weiblichen Wesen für eine potentielle Gefahr der reinen männlichen Potenz hielt, worüber ich bald lachen und mit leicht formulierbaren Gegenfragen auffahren konnte, die die albernen Bemerkungen letztendlich zum Schweigen brachten. Das erschuf dann den wahrhaft beseligenden Zeitabschnitt meiner eigenen Forschungen. Ich war endlich selbst (als Ei/I/Eye) in der Wüste gelandet im Schutz eines schlichten Tempelgeländes, in dem ich den Anspruch auf meine Praxis erheben und außerdem noch vieles lernen konnte. Von dieser Zeit bin ich so grundlegend geprägt, da mich die Tiefen der Erfahrungen dann doch überraschten, auch weil die Wüste noch verhältnismäßig leer war, und Tier und Mensch sich durch die Stille des sandigen Raumes bewegten. Vor allem diese Zeit ist das Unauslöschliche, das ich mitnehme mit mir, nicht als Nostalgie-Bürde, sondern als Schatzkammer meiner eigenen geistigen Reichweite. Auch tiefer, unauslöschbarer Schmerz des Angetanen erzeugt eine innere Wüste, die vor allem von Frauen durchwandert wird, aber dennoch auch Rosengärten hervorbringen kann. Und obwohl ich persönlich kein weiteres Indien unter Narendra Modi erleben muss oder möchte, wird gerade seine Politik, die zur Zeit so oft mit Hitlers Nazi-Regime verglichen wird, Bewegungen hervorbringen, oder bringt sie bereits hervor, in denen man vor allem Frauen aus den schlecht belichteten Räumen ihrer Hütten und Häuser wird hervortreten sehen, die nicht mehr zurückschrecken vor den bedrohlich nah gekommenen Peinigern, die wir hier „Rakshas“ nennen, die Dämonen, und die eine indische Frau so trefflich mit den Worten „out of human“ bezeichnet hat. Und tatsächlich: verlässlich, wie das indische Wissen nun mal ist in seiner monumentalen Größe und Weite, steht dort irgendwo in einer Purana, die ich mir einmal habe übersetzen lassen aus dem Sanskrit, geschrieben, dass in dieser jetzigen Zeit (in ewiger Kreisläufigkeit gesehen)  männliche dämonische Kräfte den ganzen Lebenskarren in eine tödliche Starre getrieben haben, und dass d a s dann der Moment ist, wo weibliche Kraft, ungehindert von den bestehenden, konventionellen Strukturen, das Große Fahrzeug wieder in Bewegung bringen wird. (in meinen Worten). Deswegen ist es gut, wenn eine Frau das Nichtzuvergebende nicht vergibt, damit endlich Schluss ist mit dem Vorgesetzten und die eigene Stimme erkennt, wann genug wirklich genug ist, in jeder Hinsicht gesehen.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.