Spalt

Was bleibt einem anderes übrig, als mit den Gegebenheiten, mit denen man als Mensch in der jeweiligen Zeit, in der man den eigenen Auftritt absolviert, konfrontiert ist, als zu tun, was man kann. Gleich wird es komplex. Tut man überhaupt, was man kann, und was kann man überhaupt. Es gibt in der Tat viele Wege, durch die man sein eigenes Können bilden und erweitern kann, aber dann gibt es noch diese innere Unruhe aus den Tiefen heraus, wo etwas, wenn man Glück hat, nach Aufklärung verlangt und nach authentischer Performance. Manchmal genießt man auch in guter Gesellschaft das Glück, Zeuge oder Zeugin einer exzellenten, öffentlichen Performance zu sein. (zum Beispiel Sarah Wagenknecht im Gespräch mit Manfred Osten, Bonner Bundeskunsthalle). Das Streben nach einem menschlichen Gutsein bleibt leer, wenn der Umgang mit den Katastrophen, persönliche und globale, keine Spuren hinterlassen hat, wertvolle Erkenntnisse, tiefeingenisteter Schrecken über die eigenen Abgründe und die der Anderen. Das Durcharbeiten von all diesen schmerzhaften Feldern kann zu einer souveränen Distanz führen, von der aus Seinsmöglichkeiten eine weitere und reifere Palette zur Verfügung haben, ohne in Vorgaukelei verfallen zu müssen. Die Würde des Menschen ist unantastbar, das ist verständlich, aber noch wesentlicher scheint mir, wahrzunehmen, wie oft diese Würde angetastet ist, ohne dass man die Tiefe dieses Satzes kommunizieren könnte. Als wir zu viert noch unterwegs waren als die Performancegruppe „Die Yoganauten“, wurden wir von Amnesty International angefragt, bei ihrer Jubiläumsfeier eine  Performance zu machen, die wir „antastbar“ nannten. Das Eine ist das Ideal, in Begriffe gebracht. Das Andere ist die Realität, die gerne verklärt wird, auch wenn man  Amnsty Inernational Verklärung der Tatsachen nun wahrlich nicht vorwerfen  kann. Das ist wichtig, das Schreckliche als das Schreckliche nennen zu können, sonst bleibt man im Schatten der Abgründe stecken, oder im Gestrüpp der Verdrängungsmechanismen. Und ja, da sind die Kairos-Momente, schicksalshaft in ihrer günstigen Zeitspalte, deren Erscheinen nicht ignoriert werden sollte, da es für einen selbst nachteilig sein kann. Das Beisichsein und das Sichkennen, in welchem Maß auch immer, ist nicht mehr das Privileg Einzelner, sondern not-wendig geworden, will man dem Unvermeidlichen etwas gegenüber setzen. Es gibt ja auch diese Landebahnen, wo geräuschlose Flugkörper sich niederlassen und Gärten ihre lockeren Zäune ins Offene bewegen. Warum sollte das Menschliche den mephistophelischen Verführungen und Verdrehungen nicht standhalten können. Es muss ja vor allem erkannt werden, was was ist, und was es nicht ist. wer und wer man nicht ist, was und was man auf keinen Fall ist. Und dass auf allen Ebenen Gefahren lauern, aber auch Herausforderungen, deren Bewältigung ein Wissen braucht, das sich in Bewusstsein verwandeln kann.

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