Karl Jaspers

Durch die gesamten kritischen Analysen wird vorbereitet, dass der Wissende am Ende in den Dokumenten durch diese hindurch sehen soll. Man lässt an den Quellen in sich das Bild erwachsen. Dem Unbefangenen muss es immer wieder erscheinen. Er kann sich unmittelbar von dieser Wirklichkeit ansprechen lassen, auch wenn sie verschleiert ist von Unzugehörigem. Wir dürfen wie alle Zeiten unmittelbar hinblicken, unabhängig von dem bestimmten, fixierten Glauben. Dieses Sehen gewinnt zwar durch die Kritik Maß und Grenzen und Voraussetzungen. Aber auf dem so gewonnenen Boden bleibt das Sehen selbst so ursprünglich wie von jeher. Es ist selber unbeweisbar und findet seine Inhalte nicht durch Schlüsse. Rückläufig wird das so Gesehene zur Führung in der Kritik, aber so, dass es selber nicht beweist, sondern Fragen an die Beweisbarkeit stellt. Aus dem kritischen Zweifel in Verbindung mit der Ergriffenheit von der Überlieferung entspringt jederzeit das Wagnis, sich trotz allem ein Bild der geschichtlichen Wirklichkeit zu machen.


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