gestalten

(Der prophezeite Mega-Sommer aller Zeiten braucht offensichtlich einen langen Anlauf. Inzwischen wird man eher an Zypressen und Tristesse erinnert, die in den tropfenden Zweigen ihr Gegenüber hat). Aber spätestens seit Apulien bin ich mir wieder einer tiefen Dankbarkeit bewusst geworden, wie wesentlich mir die Transportmittel sind, die ich mir in meinem Leben heranholen konnte durch täglichen Umgang mit ihnen, nämlich um mich selbst in Wort oder Bild oder Ton oder Spiel zu begleiten und dadurch Kenntnis darüber zu erlangen, wie und auf welche Weise ich umgehe und umgehen kann mit diesem Leben, das allerdings schon eine bespielte Leinwand ist, wenn ich ankomme, aber durch mein Ankommen wie jedermanns und Fraus Ankommen einen Ton in das Zusammenspiel bringe, der zu gestalten ist. Nun nimmt man ja vom Weltgeschehen automatisch sehr viel auf und kann diese Aufnahme so weit dehnen, wie es einem möglich ist. Man kann den Raum füllen mit allem, was einem in der eigenen Geschichtsgestaltung möglich ist (oder sich von der inhärenten Leere begeistern lassen). Da einem ja auch immer Dinge und Menschen über den Weg laufen und einen begleiten, oder man sie begleitet, die einem ein Vertrauen einflößen, weil man bestimmte Ebenen oder Sichtweisen und Einstellungen findet, die entweder im eigenen Wesen resonnieren, oder aber durch einem glaubwürdig erscheinende Andersartigleit das innere Feld erweitern und bereichern können. Insofern kann man auch sagen, dass es eigentlich immer und in jeder Hinsicht um „Kunst“ geht, oder zumindest um das Angebot dessen, was auch Kunst sein kann, ob es sich nun in der Mode ausdrückt, in der Psychologie oder in der Malerei, oder im Bäckergewerbe. Überall in der Welt kann man Menschen antreffen, die darum bemüht sind, das, was ihnen wirklich am Herzen liegt, in die Welt zu bringen. Was am Wesenskern ein sehr ähnlicher Impuls sein kann, enstspricht in der Umsetzung notgedrungenerweise dem Wesen dieses Kerns, der sich ja nur zeigen kann, wenn er einen Weg dazu findet. Da haben wir dann die unüberschaubare Vielfalt und befinden uns sicherlich in der Nähe des Satzes von Beuys, dass jeder Mensch ein Künstler ist. Auf die eine oder andere Weise ringt jede/r darum, das umzusetzen, was man sich entweder im Leben vorgenommen hat, oder diesen Kern selbst zu ergründen, der Steuer und Anker und Fahrtrichtung zugleich ist und gelenkt werden muss, will man nicht in den Gewässern untergehen. Schlimme Dinge geschehen auf dieser Erde, daran sind nicht nur die Maschinen schuld, sondern das, was man mit ihnen und Menschen gemacht hat und macht, sodass wir an die Grenzen des Verdaubaren kommen und voller Schrecken das Ausmaß erkennen, an dem wir nicht mitgetalten können, und wo das, was wir an Können erlernt haben, keinerlei Wirkung hat. Aber klar, wir machen weiter. Wir schenken mit allem, was uns zum Ausdruck verliehen wurde, von uns selbst hinein, denn, wie wir auch wissen, geht kein einziger Tropfen verloren. Das „Wir“, das mir hier eingeflossen ist, erinnert mich an das „Ham“ (wir) in Hindi, das man auch als „Ich“ benutzt, wenn man von gewissen Voraussetzungen ausgehen kann, zum Beispiel der Chance, aus dem eigenen Leben etwas zu machen, was einem entspricht und in dem man sich wiederfinden kann, und an dessen Kernpunkt man sich gerne aufhält, um mich immer wieder erfrischt nach außen zu bewegen zu den Anderen.

Was mein Bild (oben) betrifft, so merke ich zur Zeit mit einiger Verwunderung, dass ein Bild, obwohl von eigener Hand gemacht, auch ein Eigenleben hat. Im Prinzip kann es ja alles zeigen, was in der Welt vorkommt, nur eben durch meinen Blick und meine Hand gefärbt und hervorgeholt. Eine männliche Gestalt greift aus nach einer Frau, die davor zurückschreckt. Ein episches, zeitloses Drama, aber auch eine MeToo Debatte. Es kommt auf die Wahrnehmung an-

 


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