düster

 

Vermutlich hat mich der heutige deutsche Himmel an den Tag in Apulien erinnert, an  dem der Himmel auch so aussah, als wäre es naiv, hier einen Sonnenstrahl im Durchbruch zu visionieren. Natürlich habe ich wie alle  weiterhin unabhängig vom Klimaeinfluß- sein- Wollenden die Einstellung, dass alles gehandhabt werden kann, was an (mehr oder weniger) natürlichen Vorgängen in der Himmelsgegend passiert, wo man sich gerade aufhält. So war der Tag in Apulien ideal, weil wir auf einer Tagesreise im Auto dem Regen ausweichen und uns an dem Wolkendrama erfreuen konnten. Eigentlich verbinde ich mit dem Photo, das ich (s.o.) unterwegs gemacht habe, eher eine humorvolle Erinnerung. Wir waren dem Schild zu einem Kloster gefolgt, zu dem alles gehörte, was sich zu einem schauderlichen Roman fügen könnte.  Das riesige Gelände ließ über die vielen Mauern und Abgrenzungen hinweg die Schönheit alter Bäume ahnen, doch über dem Ganzen lag eine zeitlose Schwermut, nein, eine sich verdichtet habende Bleisschwere, die durch die Hinweise auf „Silencium“ . geheiligter Ort – nur noch bleierner wurde. Ein Mönch kam uns lesend entgegen, der Mönch am Meer, der Mönch im Wald, der Mönch an sich, mit braunem Kapuzenmantel und rasselndem Schlüsselbund, als er hinter der ihm genehmigten Tür verschwand. Die Weltentsagung, in dessen (indischem) Rahmen ich selbst vor vielen Jahren zum Lernen angetreten war für das, was mir nicht nur lernenswert schien, sondern es auch war, war nicht ohne, obwohl es viel um das Ohne, aber auch um das Mit ging. Gerade diese Abgeschiedenheit, dieses Ausweglose, dieses unter bestimmten Bedingungen Ausgeübte kann durchaus eine Bereicherung sein, kein Zweifel. Offensichtlich gab es zu allen Zeiten genug Menschen, die zumindest manchmal Abstand oder Auszeit nehmen möchten vom Menschendrama, das gibt es ja auch heute in offeneren Formen. Der Mönch also hob kurz den Blick und sah uns, zwei Frauen in einem Auto, in das Silentium hineinfahren. Da würde meine vermutlich grottenschlechte Novelle ansetzen. Durch den Blick bricht langsam die Weltordnung des eh schon mit dem Göttlichen Hadernden zusammen. Nicht der Gedanke an die Frauen, die er gesehen hat, verursachen seine Unruhe, sondern die Freiheit, die sie bei ihrem kurzen Besuch ausstrahlen. Diese Freiheit habe ich dort tatsächlich gespürt, die Freiheit von einer Art todbringendem Silencium, die Todestille, die vom Leben abnabelt und dort, in der Abgenabeltheit, ihre eigenen Ekstasen erzeugt, die früher oder später zum Erlöschen verdammt sind. Das kann für eine Weile auch belebend wirken, wenn man die Freiheit erkennt, die einem der durchwehende Geist vermittelt. Dass es nicht wirklich ein Gesetz gibt, wo der Mensch sich aufhalten soll, darf oder kann. Jedenfalls war da diese Mauer, eine der Klostermauern. Heute habe ich sie etwas herangezoomt und war wie stets in solchen Moment eines genaueren Hinschauens erstaunt, wie ungeheuer lebendig es doch überall und trotz allem ist, und dass ganz zweifellos die Bilder, die automatisch in alles gewebt sind, wiederum Bilder erzeugen und zu der Weise werden, wie man die Welt sieht, und wie man sich in ihr bewegt. Ach ja, der Humor…nun ja…Wenn es dem/der Schauenden gelingt, sich eine gewisse Lebendigkeit des Blickes zu erhalten, dann kann man sich auch an einem wolkenschweren Tag an einer düsteren Klostermauer erfreuen. Und dass man ein Fahrzeug hat, mit dem man das schwere Silencium wieder heiter verlassen kann.

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