Reiz

 

Ein Strang, der im gemeinsamen Gewebe auch „immer“ stattfand, war die Erfahrung mit menchlicher Kommunikation. Meine Kindheitserinnerungen sind nicht überfließend an gespeichertem Material, aber es fehlt nicht an den mich betreffenden Kernpunkten. Einer davon war, dass ich manchmal in frühem Alter, bereits im Nachtgewand, dabeisitzen durfte „bei den Erwachsenen“, damit mein Dabeisein die vermutete Unterforderung ausbalancieren möge durch ihre Unterhaltung. Vielleicht fing dort für mich auch eine der vielen Formen des Staunens an, die mich bis heute begleiten und mehr und mehr in Gesellschaft von Leichtfüßigem gedeihen, also dem Humor, der vor sich hingereift ist wie die fruchtbare Weinrebe (!?). Es dauert ja Jahre und kein Ende ist abzusehen, bis man weiß, wie und als wer und wo und wann und warum und über was  undsoweiter man selbst nachdenkt und spricht, und wodurch und wieweit man selbst „durch Sprache in die Welt kommt“.(Zur Welt kommen – Zur Sprache kommen. Peter Sloterdijk)). Zu welcher Sprache? In welche Welt? Manchmal überfordert einen ein Blick in die tatsächlichen Verhältnisse. Angefangen vom Blick des Kindes, das sich wundert über die Erwachsenen, die ihm irgendwie schräg vorkommen in ihrem Miteinander, das ja auch oft genug mit ein paar Tropfen begleitet wird, wobei die Zusammenhänge gerne verschwinden und die Assoziationsbereitschaft ihre Höhepunkte erreicht. Ich hege eine Abneigung gegen assoziatives Mitreden, die sicherlich nicht immer angebracht ist, da es oft harmlos vor sich geht und überall in der Welt zum Weiterströmen des Gesprächsflusses eingesetzt wird, bei dem es ja immerhin um den Versuch einer Verbindung geht, oder um ein einsetzendes, für alle bedrohliches Stillstehen des Flusses zu vermeiden, und es braucht meistens nur einen Fisch, nach dem die Angeln ausgeworfen werden können, um das Boot in gemeinsame  Fahrtrichtung zu jonglieren. Dann gab und gibt es natürlich auch die Kommunikationsexperten, und im aufsteigenden lukrativen Coachingbusiness blühten die Vorschläge zu neuen Lehren heran. Welche Worte meinte Konfuzius, als er (vermeintlich) sagte, dass, wer das Sein hat, auch die Worte hat. Es können ja nicht irgendwelche Worte sein, denn sonst hätte ja jeder „das Sein“ und wär’s zufrieden. Das Dasein ist jedem gegeben, auch wenn manche dieses Geschenk nicht so schätzen können, weil man sich vielleicht nicht wahlberechtigt vorkommt und nicht gefragt werden kann, ob man überhaupt antreten will auf der Weltbühne. Vielleicht gibt es ja auch unter Neuentstehenden im Mutterleib bereits eine Entscheidung des Wegbleibens. es wird da wohl immer Lücken geben in der Bewusstseinskette. Hat man es bis zur Landung gebracht, gibt es keinen Zweifel mehr darüber, dass man da ist und im Labyrinth erstmal kein Fluchtweg sichtbar wird, und eine Gebrauchsanweisung wird auch nicht gereicht, übwohl sich so viele darum bemühen, die gewichtigen Einordnungen zu beleben, die bei der Zeugenschaft des Geschehens dem Denken entsprungen sind. Und doch braucht man all diese Durchgänge und Seinsexperimente, um letztendlich eine Fährte zu erschaffen, auf der man sich nicht nur dem eigenen Sein verbunden fühlt, sondern auch dem Sein der Anderen. Diese permanente Auslotung ist wohl der Garant für die eigene Existenz in ihrer Beweglichkeit, was dem Spiel, den Spielern und den Spielerinnen einen gewissen lebendigen Reiz verleiht.

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