baden

 

Wenn man eine  Kultur oder ein Land  oder eine Tradition oder eine Person baden gehen sieht, sollte man vielleicht die Kraft aufbringen, nicht genau hinzuschauen. Oder sollte man spätestens dann genau hinschauen, auch wenn man die Beobachtungen nicht unbedingt verbal weitergeben mus?. Auch in diesen Begrifflichkeiten geht es ja hochkomplex zu. So gibt es die tausenden von badenden Pilgern, die täglich ihr Karma zurechtbürsten, denn nachdem man es geschafft hat, hier im heiligen Teertha von Brahma, dem Schöpfer des Weltgefüges, anzukommen und auch noch das rituelle Bad hinter sich zu bringen, kann einem anschließend nicht mehr allzuviel passieren. Bestimmte Orte gelten als Prüfsteine, ob du deinen Weg auch ordentlich gegangen bist. Auch für die Asche deines Körpers, wenn es denn mal so weit ist, ist hier ein günstiger Platz. Hier zu sein in den laufenden fünf Tagen, wo Brahma das Dorf aus der Luft herunterholt, damit mal wieder ein Schuss Unsterblichkeit in das Ganze gepumpt werden kann…ja, das sind einige Dinge, die gerade laufen. Verblüffend auch immer bei all der hinduistischen, moralischen Strenge, wie viel totale Nacktheit sich in den extra angelegten Becken tummelt. Das Rituelle gibt dem Enthemmten noch einen gewissen Glanz. Auch überwältigt einen zuweilen das arglose Lachen, wenn das menschliche Verhaltensspiel ins Absurde gleitet. Dann kommen zu so einem Fest natürlich die Sadhus, also Ausgestiegene aus dem Heiratsrad und meistens geordnet und initiiert in Bruderschaften, die oft immense Architekturen zur Verfügung haben, in denen alles Mögliche stattfindet, was in der zeitlosen Geschichte des Menschseins  gewusst und gelehrt und weitergegeben werden wollte. Wieviel von diesem „Wissen“ aktuell durch die „Wissenden“ (Sadhus) weitergegeben wird, ist, erlaube ich mir mal zu sagen, keine ernsthafte Einschätzung mehr wert. Und sollte es sie geben,  die lebenden Weisen Indiens, so würden sie vermutlich nicht in diesem inzwischen touristisch empfohlenen Zirkus herumsitzen und hoffen, dass sie etwas Kohle machen fürs Weiterreisen. Auch das dumpfe und autoritäre Beharren auf bestimmte Sitzen oder geistigen Stellungen kommt nicht mehr so an, dass man sich zum Dabeisitzen angeregt fühlt. Es gab sie, die geistigen Kraftakte, und wenn sie möglich waren, war es immer eine große Freude. Wie spricht man so miteinender, dass man sich erkennt oder auch zu erkennen geben möchte, wenn das Feld der Gedanken sorgsam ausgebreitet wird und man schaut, wie groß der Raum zwischen zwei Geistern werden kann, wo dann der angemessene Austausch stattfindet. Jetzt bleibe ich gar nicht mehr stehen,  arbeite ja schließlich auch für keine Überprüfungsstelle. Aber egal wo es noch hingehen muss und wird, ich kenne mich gut genug aus in ihrer Kultur, um zu wissen, dass man ihnen alles zutrauen kann. Inzwischen wird weitergebadet, und egal, wie man es sieht, es gibt sie immerhin noch, die Möglichkeit, im vorhandenen Wasserbecken die angebotene Todlosigkeit zu empfangen, wenn man doch dafür extra angereist ist.

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