undurchsichtig

 
Demokratia, lese ich nach, bezeichnet Herrschaftsformen, politische Ordnungen oder politische Systeme, in denen Macht und Regierung vom Volk ausgehen, das entweder unmittelbar oder durch Auswahl entscheidungstragender Repräsentanten, an allen Entscheidungen beteiligt wird, die die Allgemeinheit verbindlich betreffen. Sehr schön, und wer wollte nicht lieber in einer ausgerufenen Demokratie leben als in anderen Herrschaftssystemen. Doch will man zu sowas wie der sogenannten causa Maaßen nicht wirklich ein persönliches Senfkorn dazu geben, hat man doch nicht wirklich eins in der Hand. Indien ist ja auch eine Demokratie, und man sieht häufig um Wahlzeiten herum Menschen mit schwarzen Fingern oder Nägeln, die dadurch den Abdruck ihrer demokratischen Identität zum Ausdruck bringen, ohne den eigenen Namen schreiben zu können. Gerechterweise häufen sich gleichzeitig die MitdenkerInnen,  und beides sagt absolut nichts aus über die Qualität und Persönlichkeit eines Menschen. Wie weit der Bürger oder die Bürgerin sich in das politische Geschehen einbringen, bleibt ihnen überlassen, obwohl es schon oft vorkam, dass eine einzige Stimme das Zünglein an der Waage sein durfte. Und so kann jeder ein bedeutsames Zünglein sein, und es schadet nichts, ein Kreuz zu setzen in das leere Rund. Was so eine Nummer wie die causa Maaßen betrifft, so kann man sich durchaus das Sumo-Ringen im eleganten politischen Ambiente vorstellen, damit so wenig Gesicht wie möglich verloren werden wird, und jeder im Ring Abstand nehmen muss von eigenen Vorstellungen. Das persönliche Machtspiel hat wenig (oder alles?) mit demokratischem Vorgehen zu tun, und man kann froh sein, überhaupt mit einem gewissen Maß an Vernunft rechnen zu dürfen, auch wenn diese Vernunft nach außen nicht transportiert werden kann, was meist nichts Gutes aussagt über eine derzeitige politische Konstellation, die zu Zugeständnissen gezwungen wird, die Vertrauen und Allgemeinwohl des Volkes gefährden. Könnte jemand wie Frau Merkel genau beschreiben, was da wirklich vorgefallen ist im Hinterzimmer, hätte man wahrscheinlich das menschliche Verständnis verfügbar, nicht aber das Vertrauen in ein stabiles Steuerrad…obwohl, obwohl, wer weiß? Alle Politiker sind zum Lügen gezwungen, es kommt nur auf die jeweilige Dosis an, die man für nötig hält. Das kennt doch jeder, wenn inmitten eines Streitgesprächs das Telefon klingelt und man ruckzuck ein/e ander/er sein kann. Man bestimmt ja ständig selbst, wer man ist, bewusst oder unbewusst. So denke ich, dass Angela Merkel genau wusste, dass, wenn sie diesem ungeheuren Vorgang von Herrn Maaßens Beförderung nicht zustimmt, das Ende der Großen Koalition besiegelt ist. Und so nahmen sie alle nach gewaltigem Ringen ihre Karten in die Hand und ließen sich gegenseitig nicht hineinschauen, und siehe, alle Joker waren im Spiel.

Die Bilder zeigen nicht nur die Undurchsichtigkeit des politischen Vorgangs, sondern
sind Reflektionen in einem Kristall, die ich gestren eingefangen habe.


Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert