abstammen


Heute früh kam mir im Kontext eines Frühstücksgespräches diese Geschichte noch einmal in den Sinn, die sich letztes Jahr in Indien um eine große, öffentliche Empörung rankte, und das vor allem in illustren, wissenschaftlichen Kreisen, weil jemand, den man offensichtlich ernst genug nahm, um ihn zum Zentrum einer Debatte zu machen, sich gemeldet hatte mit der Ansicht, man müsste Darwins Lehre vom Weg des Affen zum Menschen aus den Schulbüchern entfernen, weil es einfach nicht sein konnte. Ja, warum denn nicht!!! Ja weil, sagte er, es in unserer Geschichte niemand erzählt hat! Jemand hätte davon erzählt. Denn wie sollte das unbemerkt stattgefunden haben, wo doch jeder immer alles sieht und auch davon erzählt. Nicht, dass ich mich dadurch unterstützt fühlte in meiner eigenen Abneigung gegen die Affe-zu-Mensch-Theorie, sondern mir gefiel der schlichte Zugang zu einer, gut, ebenfalls absurden Variante, egal, wie viel über die andere schon rumgeforscht wurde, dass man sich gar nicht mehr traut, das Vorhandene infrage zu stellen. Was ist, wenn sich eines Tages auf eben diesen Wegen herausstellt, dass manche von der Krähe abstammen und andere vom Ameisenbär. Noch ist ja Zeit, herauszufinden, was er eigentlich hier tut, der Mensch, außer den scheinbaren Offensichtlichkeiten, die er sich eingeschweißt hat im Hochofen des psychischen Veranstaltungsortes. Schließlich hat man sich schon oft genug dabei ertappt, etwas in der Welt Erblicktes nicht nachvollziehen zu können. Manche Menschen haben sich ihre Unterlippe so groß wie Teller gedehnt, Andere wiederum haben die Füße ihrer Töchter gleich nach der Geburt eingebunden, damit sie beim erotischen Spiel in die Achselhöhlen des zukünftigen Mannes passen. Und ja, der Schmerz hindert das Weglaufen, und vieles davon schmerzt ein Leben lang, so wie sehr hohe Absätze den Rücken verkrümmen können. Der Mensch experimentiert mit den Möglichkeiten seiner Ausdehnung. Wenn einem das dann in der eigenen Zeit alles hochinteressant vorkommt, weil man ja irgendwie ahnt, dass da auch eine Quelle der ursprünglichen Verbundenheit vorhanden ist, dann kommen einem die Fragen, die man für beantwortet hielt, erneut in den eigenen Sinn. Dieses Wissen, das gesammelt wurde und vorhanden ist aus dem kollektiven Geist, das ist die Kompassnadel, mit der ich, wach und nervös und angeregt, meine Fährte erspüre, meinen Weg, auf dem ich mich wohlfühle. Und nicht mit der Freiheit, die alles haben und kaufen kann, was sie will, sondern mit der Freiheit für das, was an Einleuchtendem erfahren und gelernt werden konnte, egal, über welche Wege. Hauptsache, die Erfahrungen haben im Bewusstsein eine Spur hinterlassen, die man erkennt als die, die man entweder hinterlassen will oder nicht. Hinterlassen und Lassen. Wie komplex und gefahrenumwoben das Menschsein doch ist. Man ist gefordert, das Beste zu geben. Nur, was ist das Beste, was man geben kann. So viel hängt ab vom Blick allein. Diese Blicke sind nicht austauschbar und auch nicht ansteckend wie ein Virus. Oder wie Liebe, der ultimate Freiheits-Virus. Bei so einem Wort, das ich selbst noch nie gesagt, geschweige denn geschrieben habe, halte ich jetzt einfach ein. Wie kommen die Dinge zu einem, oder muss ich hier fragen: wie kommen die Dinge zu mir?

Auf den Bildern kann man sehen, wie aus einem simplen Balanceakt ein Hörvorgang wird.


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