alle Jahre

Mit der gleichen kollektiven Sicherheit, mit der man früher oder später mitkriegt, dass ein Feiertag naht, weiß man nun, dass er da ist und kann mit ihm umgehen, wie man möchte. Kann man? Jesus-Filme waren nie meine Lieblingsfilme, aber klar, so ein wahrhaft Verinnerlichter, so ein Held des Handelns, ein heilender Heiland, ein übers Wasser Gehender, und dann trotz alledem am Kreuz elendiglich Verendender, das hat was. Da hat zweifellos das Leiden sich für die Ewigkeit manifestiert. Man weiß, dass man auch als Jesus verlassen werden kann. Und man weiß auch, dass das Rad sich immer wieder weiter dreht und doch in einer kreisläufigen Bewegung gefangen scheint. Denn hätten wir wirklich verstanden, dass man nicht am Wegrand steht und grinst, wenn ein blutender, kreuztragender Mensch vor den eigenen Augen vorwärtsgepeitscht wird, dann würden wir die Geschichte nicht immer als Rituale abspulen und sorglos die Verantwortung an den lange schon Toten abgeben, weil er  unsere Schmerzen auf sich nahm und lehrte uns Frieden? Der Schmerzensmann selbst, der zutiefst Gedemütigte. Bis zuletzt waren die Frauen bei ihm. Wer weiß schon, was in den Köpfen vor sich geht. Man ist ja so lange zu glauben bereit. Ich habe auch noch keinen Glauben Berge versetzen sehen, aber das Durchdringen von illusionären Gebilden kann nicht nur Berge zersetzen, sondern, macht man es gründlich, kann es Jahre dauern, bis des Berges Geröll sich im Innern löst und riesige Brocken links und rechts von einem herabfallen, ohne den Kern zu zerstören. Berge machen schweigsam. Menschen machen schweigsam. Wir können froh sein, wenn in dieser Schweigsamkeit Wesen uns wohlgesinnt sind. Wenn lebendige Lichter brennen. Wenn die Liebe aufgehoben ist vom Staub ihrer Knechtschaft, und das Herz in sich ruht ohne Fremdheit.
Das Bild zeigt einen Teil der Madre Dolorosa im digitalen Zeitalter, beziehungsweise auf einer entsorgten übergepinselten Festplatte.

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