weiden

Draußen nebelt es ziemlich intensiv und die Trauerzypresseneinsamkeitsgedichte wandern durch die Gehirnwindungen. Aber es ist Samstag, der Tag, den ich mir gönne für das Sinnfreie. Das hat mich nicht abhalten können die letzten Samstage, großartige Produkte für den Weltmarkt zu entwerfen zur kostenlosen Bereicherungschance, aber das möchte ich heute nicht, an Weltmarktprodukte denken zu müssen durch selbsterzeugten Ideenzwang, sondern ich möchte etwas Erfrischendes für den Hausgebrauch vorschlagen anhand meines eigenen Konstruktionsbeispiels. Die Idee dahinter strotzt geradezu vor Schlichtheit, denn man braucht lediglich eine minimale Fläche, die einem winzigen Podium ähnelt, meine ist 10 cm im Quadrat und braucht nicht höher sein als 2cm. Diese Fläche nennen wir eine „Augenweide“. Allein das Wort A-u-g-e-n-w-e-i-d-e transportiert einen in eine Wohlbefindlichkeit. Nun hat man eine eigene Augenweide und kann im Raum nach Dingen suchen, an denen man weiden will. Man bringt also die Augen in Umherstreifbewegung, das gefällt ihnen und sie werden wach und aufmerksam. Da die Weide klein ist und auf jedem Schreibtisch einen angemessenen Platz einnehmen kann, gilt es nun, Objekte zu erspähen, die darauf passen. Vielleicht erschrickt jetzt so mancher Erwachsene, wenn er oder sie einsehen muss, dass im Zimmer keine ganz kleinen Dinge herumstehen oder liegen, die man dort auf der Weide zum Leben erwecken könnte. Gut, das macht ja nichts, denn es ist Samstag. Wenn man Kinder hat, kann man bei ihnen nachschauen, ob da im üblichen Spielzeugchaos was Passendes rumliegt. Wenn nicht, kann man z.B. ein kurzes Wort aus der Zeitung nehmen und die Augen daran weiden lassen. Das Wort muss dann natürlich Weidenpotential enthalten, sonst ermüden ja die Augen. Bei meiner eigenen Weide dachte ich zuerst auch an Gras. Man könnte auch eine 10 cm große Grasfläche draußen rausschneiden und die Augen zum Beispiel auf dem Schreibtisch sich genüsslich auf dem frischen Gras mit dem satten Grün auftanken lassen, denn bei dem im Volksmund „Sauwetter“ genannten Klimazustand der letzten Tage kann es leicht passieren, dass man, obwohl man Gummischuhe besitzt, trotzdem nicht gerne hinausgeht, da kann man den Augen trotzdem Trost bieten. Aber mit meiner ersten Weidenkomposition bin ich auch ganz zufrieden. Ich fand bei mir diese indische Pyramide, der ich auch damals, (nebst vielen TouristInnen) nicht widerstehen konnte, denn sie besteht aus drei Teilen, bei denen jeweils verschiedene Überraschungen auf einen warten. Außerdem liegt in meiner Pyramide noch ein Geheimnis, das sich nicht so leicht lüften oder heißt es liften lässt. Es ist ein Auge, das auch als Ohr wahrgenommen werden kann. Würde ich das jetzt erklären, wäre ja das Geheimnis futsch. Dann lag vor mir bei den Stiften dieser Löwenkopf, der der Pyramide einen majestätischen Eindruck verleiht. Das Gehirn stellt sich auf Wüstenkulturen ein. Im ersten Bild meiner Weidenfläche sieht man vorne ein Geschenk unseres ehemaligen, sehr geschätzten Druckers. Es ist ein Messingstreifen, auf dem in Spiegelschrift „inspire“ steht, das habe ich auch schon lang nicht mehr angeschaut. Inspire! Alles ist Aufruf zum Lebendigen! Ja, dann sieht man im zweiten Bild meiner Augentrost-Weide die drei Teile mit dem Geheimnis, von Tieren bestaunt,  und zu guter Letzt zwei Schafe, die sich in der Pyramidenfläche spiegeln. In der Zwischenzeit ist man ziemlich gut drauf und kann sich anderen Dingen widmen. Aber man kann von meiner Idee des Augenweidens auf der eigenen Augenweidenfläche als erster morgendlicher Gehirnmassenbewegungssport durchaus profitieren.

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