tierisch

Die Tiere können auch sprachlich eingebaut werden wie in „ich hab mich tierisch gefreut, oder „ich hatte tierische Schmerzen“. Es gibt ja auch das Raubtier und den Wellensittich…obwohl, ob da wellness noch so sittlich ist, so im Käfig vor sich hinzwitschern zu müssen zur Freude der Kinder….wer will’s beurteilen können oder wollen. Klar ist, dass in den beiden mir einigermaßen vertrauten Kulturen der Umgang und das Zusammensein mit Tieren sehr unterschiedlich ist. Als in meinem indischen Dorf die erste Hundeleine mit Besitzer auftauchte, gab es viel spöttisches Beiwerk, denn das Land ist voller Hunde, die jedem gerne nachlaufen würden, wenn man sie ein paar mal gefüttert hat. Letztes Jahr habe ich zwei Frauen aus England getroffen, die einen indischen Straßenköter zu „Hugo“ hochgepäppelt hatten, und den mussten sie dann an die Leine nehmen, weil er von anderen seiner Art total angegriffen und abgelehnt wurde, vielleicht, weil er seiner Kaste und seinem Karma entkommen war. Es war hoch kompliziert und sehr teuer, Hugo nach England fliegen zu lassen, aber die beiden hatten keine Zweifel. Jetzt muss ich schauen, wo eigene Befindlichkeit oder Interesse am Thema herkamen, und würde das Herumwandern im Tierischen am liebsten auf den heranrauschenden Vollmond schieben als taghellen Somnambulismus,  aber wer schiebt dieser Tage schon gerne was auf irgendwen. Ich war auf einem Rundgang  im Wald, der direkt an unserem Haus liegt. Ein furchtlos machender Wald, keine Kobras, keine Affenbanden. Wenn Menschen einem entgegen kommen, die ihren Hund spazieren führen ohne Leine, kann man schon von weitem nach der Leine rufen, denn alle denken, ihr Hund sei so lieb, aber was weiß ich, wie die alle drauf sind. Dann vorbei an den Wiesen, satte, grüne Wiesen, auf denen Kühe ihre erschütternd großen Euter durch die Gegend schleppen, und man sieht deutlich, dass das Tier hinter sich als Gebrauchsgegenstand verschwindet. Das kommt auf den Teller oder in die Flasche. Alles so billig, dass das, was da geschieht, sich kaum lohnt. In Indien begehen die Bauern auch Selbstmord, weil sie nicht mehr weiter wissen. Hier sterben sie wohl eher innerlich aus Mangel am Sinn ihres Berufes. Als ich meine Mutter mal durch die Gegend kutschierte, fand ich als Vegetarierin in den Restaurants manchmal nur Kartoffeln zum essen, auch lecker. Nach vielen Jahren Asien war ich an deutsche Speisekarten nicht mehr gewohnt und war erstaunt, wie viele tote Tiere es an jeder Ecke der Strecke zu essen gab. Auch wenn man das Schlachten direkt sieht, ist es nicht schön. In meinen 9 Jahren in Kathmandu erlebten wir jedes Jahr das rituelle Schlachten von 108 Büffeln. Der König musste mit einem dementsprechenden Instrument den ersten tödlichen Hieb verpassen. Die buddhistischen Mönche haben es total abgelehnt, kamen aber durch einen Hindu-Tempel in ihrer Nähe mit dem Blut der Opfer in Berührung. Die Tibeter waren in ihrer eigenen Heimat vor allem  abhängig von Yakfleisch, da es sonst nicht viel gab. Geschlachtet wurden die Tiere von Muslimen, weil sie eine besondere Art des Tötens haben sollen. Das Tier lebt mit ihnen, hat auch einen Namen, wird dann am Todestag gestreichelt und zack!, Kehle durch. Zurück aus Asien, arbeitete ich kurz bei einer jüdischen Bekleidungsfirma. Ich hätte in die Pelzabteilung aufsteigen können, musste aber ohne Bedauern ablehnen. „Aber ich bitte Sie!“, sagte die Pelzabteilungsleiterin, „wir fangen diese Tiere doch nicht ein, sondern sie werden als Pelzmäntel gezüchtet.!“ Ach so! Na dann. Ich bin selbst gar nicht so ein Tierfreund. Ich finde es schön, wenn sie da sind und frei ihrer Wege gehen können und ihr eigenes Leben leben. Auch ins Vegetariertum bin ich irgendwann mal so hineingeschliddert. Einen echten Vegetarierinnenruck habe ich erst von Jonathan Foer’s Buch „Tiere essen“ erfahren“. Er war wegen  seinem Sohn ins Nachdenken gekommen, der ihn fragte „wo kommt das Fleisch auf meinem Teller her?“ „Von den Tieren, mein Kind“, sagte Foer dann zu ihm, „von den Tieren.“

 


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