Mensch: neu

Ein kleines Zettelchen kreuzt meinen Weg, das ich kenne und offensichtlich aufbewahrt habe, da es ja noch immer da ist. Darauf steht, dass, wie man mit einer Lupe oben im Bild rechts lesen kann, „ein neuer Mensch hervortreten wird, und dass der Stoff, aus dem er geschaffen wird, von andrer Natur sein wird (als bisher?) Aus Wasser und Geist soll er geboren werden und eine Zusammenfassung  aus allem Besten sein, was er sich so erworben hat.“ Offensichtlich hat mich dieser Text mal genug angesprochen, um ihn auszuschneiden, was mich nun in Erstaunen versetzt. Habe ich es für möglich gehalten? Habe ich es erwünscht? Es ist kein neuer Gedanke in der Menschheitsgeschichte, dass irgendeiner aus dem kollektiven Wunschprogramm hervortreten soll und neue Ordnungen schaffen. Ich merke auch, dass ich den Text vorher gar nicht verstanden habe als das Hervortreten eines Einzelnen, sondern als der Gedanke eines neuen Menschentypus. Man (ich?) stellt sich ja auch immer wieder mal gerne  das Erwachen einer kritischen Trägermasse vor , bestehend aus unabhängigen Individuen, das zu geistigem Umschwung führt einfach dadurch, dass ein gewisses Bewusstsein entsteht, das z.B. zu einer Ausgleichung im kosmischen Raum führt. Ist denn der kosmische Raum nicht immer ausgeglichen? Turnt nicht jede/r von uns mit eigener Ausgleichung darin herum, bis das, was wir uns vorstellen können, auch gelingt? Wie hat sich Nietzsche gefühlt, so allein und umnachtet zusammenbrechend auf düsterer, deutscher Straße, nach der geistigen Geburt des lichten Wanderers Zarathustra, den er für möglich gehalten hat. Auffallend ist das Beispiel von Hitler , den wahrscheinlich mitten im Power-Drama niemand mehr darauf hinweisen konnte, dass er wohl selbst zu der neuen Rasse großer, blonder Halbgötter-Menschen nicht dazugehören würde, hätte sich das Schauermärchen durchgesetzt. Manche Gruppen haben ihren Messias schon hinter sich, manche noch vor sich. Ein neuer Mensch ist nicht sichtbar. Kann der Mensch „neu“ sein, oder wurmt es ihn nur, dass es sich als eine Schwerarbeit herausstellt, die Schichten der eigenen Verblendung zu durchwandern mit dem bescheidenen Laternchen in der Hand? Oben im Bild links ist der vom Jainismus erträumte Mensch-Avatar. Meine Liebe für dieses Bild war mal so groß, dass ich es heute noch spüre. Die vollkommene Ausgleichung zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen! Die goldene Kobra im Hintergrund als ein Zeichen des Erwachtseins! Ich sehe und schätze noch immer diesen Versuch, geistiges Wesen in einer Form darzustellen. Aber nicht nur sind für und durch mich die künstlichen Himmel verschwunden, sondern auch die künstlichen Höllen haben sich zurückgezogen. Aufenthalt im Nu!


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