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Jahrelang schon hege ich eine Schwäche für das Wort „Geschichtslosigkeit“, das ich zum ersten Mal aus dem Mund der Poetin Tamara Ralis hörte und tief im Inneren den Gong vernahm, der mir meine Zugehörigkeit zu den Dingen vermittelt, auch wenn sie mir in ihrem bestehenden Maß nicht gleich einleuchten. Ungetrübt geblieben ist das Vertrauen in die Möglichkeit, dass es sie, die Geschichtslosigkeit, gibt, nur wo und wie und wodurch ist sie erfahrbar. In reifer Freundschft mit einer Trauma-Therapeutin habe ich bereits darum gekämpft, einerseits mit dem Zugeständnis, zwar eine Geschichte zu haben, andrerseits aber nicht meine Geschichte zu sein, das war für sie nicht nachvollziehbar. Doch je näher ich dem Geheimnis des Nus komme, desto deutlicher spüre ich diese Möglichkeit. Hat es vielleicht mit der reichlich paradoxen Tatsache zu tun, dass wir Menschen immer auf dem Weg zu uns selbst sind, und d a s mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Bewusst oder unbewusst, was an dieser Stelle zu betonen ist, denn wenn ich nicht weiß, dass sich irgendwann das Zeugen-Auge auf mich selbst richten muss, oder wenn das Delphi-Orakel noch nie in meinem Film erschienen ist, dann ist das ja ziemlich gleichgültig, denn auf allen Wegen wird gelitten und gekämpft und geliebt in dem Maße, das einem selbst gefällig ist. Ich selbst habe mich verbeugt vor dem großartigen Auftauchen der Psychoanalyse, von der Freud einst erwartete, sie würde gesunden Geistern zur Aufhellung ihrer Geschichte dienen, bis die tiefen und abgründigen Erkrankungen der Geschöpfe ihn in den Analysetaumel stürzten. Bis heute kann man bei allem digitalen Vormarsch dankbar sein, dass diese Heilmethoden sich bewährt haben, wenn Menschen bereit sind, sie in Anspruch zu nehmen. Aber selbst d a s, was geheilt werden kann, bin ich nur am Rande dieses Vorgangs, aber ich bin doch nicht der Prozess. Hinweg mit euch, ihr Geister, die ihr mich aus verschiedenen Gründen und Interessen in die Schaustuben des Vergangenen ziehen wollt, um daraus Bücher und Leben zu basteln, die es s o nie gab und niemals geben wird. Nur einen einzigen Nu war und ist das alles da und ist dann nicht mehr da, egaĺ, wie ähnlich ein Frühstück dem nächsten gleichen mag, es ist immer ein neues Frühstück, und immer geht es gleichermaßen um Leben und Tod. Und wenn es nicht mehr um den lebendigen Nu geht, dann läuft der Tod schon neben der Ente her wie bei Wolf Erlbruch (Ente, Tod und Tulpe), bis auch er, der Tod, sein Amt erfüllen kann. Ob es diese leere, nackte, formfreie Lücke im Seinsgeflecht nun wirklich gibt, wo man, wenn man möchte, durchs Netz schlüpfen kann und fortan einfach ist, wer und was man ist, das halte ich durchaus für kompatibel mit den Gesetzen der Logik. Mal schauen, ob es sich zeigt, sodass man darauf antworten kann.

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