sterblich

Man kann von eher jugendlichen Menschen, die sich mehr oder minder begeistert in ihrem quirligen Alltag herumtreiben, nicht verlangen, dass sie das Thema der Sterblichkeit, also unser aller Sterblichkeit, interessant finden, außer vielleicht in philosophischen oder psychologischen Studiengängen, wo man um bestimmte Themen nicht herumkommt, zum Beispiel Gott oder der Tod. Irgendwann muss man sich als reflektionsgeneigter Mensch an diese Themen heranrobben, an die tiefsten und schwersten also, die die Menschheitsgeschichte bis jetzt zu bieten hat. Sterblich heiß nicht nur, dass hier eine einzige Sache absolut gewiss ist, nämlich das Ende dieses Durchgangs, sondern auch, dass es jederzeit geschehen kann, also auch jeglichen Alters. Jede Art von Krankheit oder ein Mangel an Wohlbefinden kann einem die Zerbrechlichkeit des eigenen Gefüges verständlich machen, und man kann durchaus anzweifeln, ob es geistige oder körperliche Kerngesundheit überhaupt gibt. Ich müsste ja stumpfsinnig sein, angesichts des planetarischen Krankheitszustandes, an dem wir außerdem alle beteiligt sind, irgendwann zu behaupten, es ginge mir prächtig, wenn Pracht immer mehr Schattierungen einbüßt, und der Tod auf jeder Türschwelle lauert. Wir sterben also alle früher oder später, und auch auf das Verblassen der Erinnerung kann man sich verlassen, obwohl es zutiefst schmerzhafte Momente gibt, wenn man einmal wieder nicht versteht, durch und durch, dass ein geliebter Mensch nicht mehr da ist. Wie lebendig man sie aus dem Geist hervorzaubern kann! Schließlich hat man seine Liebe hier schenken können, ohne auf den eigenen Standort verzichten zu müssen. Unvergesslich alles, was in Freiheit gegeben wurde und wird. Wann fängt man an, diese Arbeit (der Annäherung an die eigene Sterblichkeit) ernst zu nehmen. Denn ernst zu nehmen ist es doch, wenn wir in eigener Stunde allein auf das Tor zugehen, von dem keine Medien mehr berichten können. Nie wird einer wissen,was ich erlebt habe bei diesem Übergang, und allein dadurch ermöglicht es unter günstigen Umständen vielleicht einen Seinszustend, der von der Last des Gelebten befreit. Eine Last ist etwas, was einem aufgebürdet wird, also das Schicksal, mit dem ich umgehen lernen muss und gestalten, was mir in der verfügbaren Zeit möglich ist, hin und her auf den Levels, bis der eigene Maßstab sich herausschält aus dem Ganzen. Unbeirrt entfaltet die Kobra ihr Spezialprogramm. Auf einer verborgenen Lichtung im Wald schwitzt sie das Ei aus der Stirn ihrer Existenz, und tanzt mit ihm, dem Juwel, über die Hürde der Sterblichkeit.

 


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