in Maßen

Erst neulich habe ich erfahren, dass man auf dem Weg zum Orakel von Delphi, einer Weissagungsstätte, erst durch e i n Tor ging, auf dem der berühmte Satz „Erkenne dich selbst“ steht. Und dann war da ein zweites Tor, auf dem stand: „Alles in Maßen“. In der materiellen Welt gibt es Maßbänder, die man anlegen kann, da geht es um Altbewährtes, in das man Vertrauen legen kann, die Benutzung ist von kompetenten Weltlingen überprüft worden. In der inneren Welt ist es anders, obwohl es auch hier zwischen beiden Verbindungen gibt. Anders ist, dass jedes Ich in seiner oder ihrer Welt für die Erzeugung und Gestaltung eines Maßstabes verantwortlich ist, denn egal, wie groß der Einfluss von draußen auch sein mag, so bin ich doch in letzter Konsequenz immer in eigener Gesellschaft und muss bewusst oder unbewusst damit umgehen, was da drinnen in mir passiert, das ganze Zeug also, das mich (angeblich) ausmacht.  Es kann überwältigend sein, wenn man realisiert, dass  alles, was in meiner Welt passiert, Wirkung nach außen hat. Es wird aufgenommen vom Raum und geht seine eigenen Wege. Nun kann man, im Rahmen des Wunsches, eigene Ordnungen (z.B.) für persönliche Gärten und Labyrinthe und Oasen  zu erschaffen, die auch im Geistigen zu erleben sind, ein Maß brauchen  für beide Welten, das für einen selbst glaubwürdig und umsetzbar ist, auch wenn die Erfahrung des Scheiterns immer eine der Möglichkeiten darstellt. Was gehört alles zum eigenen Leben, wo hat es das vorgestellte Maß nicht erreicht, und wo ist es maßlos geworden, sodass einem zuweilen etwas einfallen muss, um noch rechtzeitig die Kurve zu kriegen. Wie das umgedrehte Kalenderblatt muss auch der der selbst konstruierte Maßstab immer mal wieder erfrischt werden. Oder man holt sich einen Teil von Delphi in den Garten, baut zwei schöne, grazile Tore hintereinander, die die beiden Sätze so sichtbar machen, dass man sie kaum wieder vergessen kann. Natürlich nur, wenn man sie sehen will, obwohl man die Tore innerlich vielleicht noch klarer gestalten könnte. Man müsste ihnen eine eigene Ebene bauen, wo erst einmal gar nichts ist, ich meine: gar nichts. Man schaut sich schon aus Gewohnheit um, was für ein Material zur Verfügung steht, aber da ist nichts, und es kommt auch nichts. Aber es ist ja bereits etwas da, das wird jetzt erst deutlich. Die Sätze sind da, für die sollten ja die Säulen sein. Aber warum Säulen bauen, wenn die Sätze sich bereits durchgesetzt haben. Und der ganze Aufwand ist eh nur für einen einzigen Nu, nämlich den, wo ich mich erneut fragen kann, ob ich mich auf dem Weg des Selbsterkennens bewege, oder ob ich am Steuer des Schiffes erschreckt aus dem Schlaf hochfahre und in vorletztem Nu einem Eisberg ausweichen muss, oder smoothly vorangleite mit Zeit für gute Performance. Eben dann, in beiden Situationen, der Aufruf des zweiten Satzes: alles in Maßen.

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