Dhuni

Was mich für dieses Leben an der Dhuni (der Feuerstelle) so eine Begeisterung aufbringen ließ (die Nachwehen sind auch noch ganz ordentlich), das war etwas, was ich als die absolute Sahne des geistigen Weges empfand: die Kultur des Stillsitzen, verbunden mit der lebendigen Atmosphäre, die genau von diesem Feuer gesteuert wird. Leider sind Idee und Praxis an die klimatichen Verhältnise gebunden, denn von der Gestaltung  einer Atmosphäre hängt es ab, was sich an diesem Ort weiterhin entfaltet, wenn das Feuer einmal in Gang gesetzt ist und nicht mehr ausgehen soll, bis der Entfacher oder die Entfacherin weiterzieht, oder auch nicht. Bei dem Besuch der Nath Bruderschaft sah ich eine Dhuni, die schon 300 Jahre brennen soll. Gut, ich saß an meiner, und das war sehr viel sitzen. Nun muss ich hier vielleicht auch zu meiner eigenen Erinnerung einfügen, dass ich mich auf der Erinnerungspilgerreise gerade in einer Zeit bewege, in der es, zumindest in meiner Umgebung, weder Fernsehen gab, geschweige denn Smartphones, d.h. (u.a.) die Gewohnheit, mit sich selbst zu sein, ohne auf eine kalte Bildfläche zu starren, war noch ganz natürlich. (Wobei sich die menschliche Software recht deutlich unterscheiden konnte). Ich saß viel allein, aber ich saß auch viel zusammen. Mein Hindi grübelte sich durch bis hin zum kommunikativen Verständnis. Da erstaunte mich vieles. Tatsächlich war es sehr viel dieser Mönchsgemeinde zu verdanken, dass die meisten Männer und Frauen, die an meiner Dhuni saßen, dort bei der Bruderschaft unterrichtet wurden und mir ziemlich geschult vorkamen, wenn es auch meistens um die Themen ging, die uns alle verbanden: die Dankbarkeit dem sich gut entwickelnden Schicksal gegenüber, natürlich einem Gott zu verdanken, as you like, Hauptsache Gott, meistens Shiva, wir liebten ihn alle und dachten wie kann man ihn nicht lieben. Endlich Einer, der nicht so spießig war, so moralisch getränkt mit nie zu erreichendem Anspruch, nein, Yogi war er und Liebhaber zugleich – man merkt, ich kann mich noch erinnern. Das, was man einmal liebt, wie kann es vershwinden. Verändern kann es sich schon. Und ja, heute denke ich, also gerade eben, man könnte oder kann vielleicht doch im westlichen Zuhause die Idee einer Dhuni umsetzen. Alle, die an einem Feuer sitzen, haben ja eine Wirkung, bewusst oder unbewusst. Man nährt also das Feuer und hält die Asche (jetzt wieder in der Wüste) auf medizinischem Niveau, erklärte mir der Nath, und als Medizin sollte ich sie, wenn darum gebeten wurde, auch reichen. Man sitzt also sehr viel, und das Sehen wird intensiver, die Abwechslung liegt in der atemberaubenden bzw. atemschenkenden Lebendigkeit des Schlichten und Einfachen, wenn man Zeit dafür hat, um es (das Wenige, aber direkt Daseiende) genauer wahrzunehmen.

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