wachsam

Das ist ein Ausschnitt aus einer Collage, die ich vor einiger Zeit mal mit einigen anderen in einem Buch zusammengefasst und nun wiederentdeckt habe. Ich erinnere mich, das kleine Mädchen, das für westliche Augen so vereinsamt aussehen kann in der Mitte des Burka-Meeres, mit einer Lupe betrachtet zu haben. Nun kennt das Kind natürlich die Menschen unter diesen zugehängten Formen, obwohl man sich kaum vorstellen kann, dass es sich darauf freut, auch mal sowas tragen zu dürfen. Aber wer kann sich schon vorstellen, dass Mütter ihren Töchtern schon nach der Geburt die Füße eingebunden haben, damit sie die richtige Größe und den Schmerzpegel erreichen, der sie am Weglaufen hindern wird. Oder dass Großütter ihren Enkelinnen die Schamlippen abtrennen undsoweiter. Erst jetzt findet man langsam heraus, in wie vielen Ländern so etwas stattfindet. Wie kann da eine globale Verständigung wirklich gelingen. Allerdings konnte und kann man sich auch nach wie vor nicht vorstellen, was einigermaßen gebildete Deutsche alles denken und tun und den Weg der Entmenschlichung immerhin so weit gehen konnten, dass es keine Grenzen mehr gab. Wenn ein ganzes Volk  sich vom kollektiv aufgebauten Irrsinn einfangen und betäuben lässt. Was hat man gewusst, während man lebt, wo etwas hinführt, das einem nicht geheuer ist. Wie herausfinden, was einem geheuer ist und was nicht. Und sich notfalls auch wegbewegen kann vom Ungeheuren? Ich habe gerade was damit zu tun, weil es in Kaschmir zwischen Muslimen und Hindus brodelt. Das Brodeln ist nichts Neues. Durch die infame Landtrennung der Engländer, ausgeührt auf der Landkarte ohne das geringste Empfinden für die bestehende Ordnung, haben sich Hindus und Muslime schon einmal gegenseitig abgeschlachtet. Auf beiden Seiten der neuen Linie kamen ganze Züge mit Leichen an. Solche Wunden heilen nicht gut. Nun höre ich zur Zeit aus Indien immer wieder, dass Hindus Muslime endgültig entmachten wollen. Sie sind ihnen schon lange ein Dorn im Auge, schlachten das Vieh, essen Fleisch, tragen Burka, bauen Moscheen auf ehemaligen Hindustätten und gebären zu viele Kinder. Allah und Ram werden zu politischen Schleudern, mit denen man den Feind unter göttlicher Führung entlarven und auslöschen kann. Narendra Modi, den hierzulande immer noch kaum jemand kennt, wurde schon einmal der indische Hitler genannt. Man sieht den Asiaten selten an, was sie im Schilde führen. Nicht nur Modi, sondern sehr viele Hindus wollen endlich zu dem aufsteigen, was sie schon immer von sich dachten, eben das Übliche: ein allen in allem überlegenes Volk, nur mit China im Wettstreit um die Weltmacht, nicht wirklich mit Pakistan. Pakistan wird eher als ein Störenfried gesehen, der im Weg steht, ein Ungeziefer, das man beseitigen muss. Vor dieser Trennung (1947) lebten sie als ein Volk verhältnismäßig friedlich zusammen, und oft Tür an Tür. So war das doch auch mit den Deutschen, bevor man zittern musste, ob man nicht doch irgendwoher einen Tropfen jüdisches Blut mitbrachte. Auch dadurch, dass man sich in den geschichtlichen Abgründen aufgehalten hat, ist die persönliche Ohnmacht offensichtlich. Die Geschichte gebiert sich immer wieder selbst, und es würde auch einem selbst und der Welt nichts nützen, wenn man genug Kohle hätte, um die ganze Riege bizarr irrlichternder politischer Führungsgestalten von Yakuza Killern am selben Tag stürzen lassen könnte, nichts wäre gewonnen. Es gibt diese unsicheren Zeiten, wo viele einen Rasputin möchten, oder einen großen Alexander, deren bescheuerte Taten dann in die Schulbücher eingehen, damit der Heldenfimmel immer wieder aufs Neue angestachelt wird, während die wirkliche Heldenreise woanders stattfindet. Ja, wann ist es Zeit, irgendwo fernzubleiben, und wann, sich durch Nachrichten nicht beirren zu lassen. Man muss den Kompass bei sich haben und wachsam bleiben.

 


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