heiß

Jetzt weiß man mal wieder, was man einen Sommer nennt. Im deutschen Sommer kann es vorkommen, dass man den heißen Tag als eine Besonderheit empfangen muss, und nun reihen sich die heißen Tage unermüdlich aneinander, und die Unruhe verlässt einen, dass es bald zu Ende ist, denn es dauert schon eine ganze Weile an und noch ist kein Ende abzusehen. Sobald von etwas kein Ende abzusehen ist, tauchen neue Verhaltensweisen, Ordnungen, Befindlichkeiten, Unruhen, Störfaktoren auf. Biologische Uhren stellen sich auf das Unvermeidliche ein. Menschen fangen an, draußen zu schlafen, wenn ein geschütztes Draußen für sie da ist. Brauereien bitten um Rückgabe der Gefäße, weil sie kaum nachkommen mit dem Bedarf. Dem Trinkbedarf, der eh schon groß war und ist und immer größer wird, wenn die Nächte angenehm durchgehbar sind auch in den Städten, und die Droge ermöglicht den Ablauf der verlängerten Nacht, am Morgen dann wieder allein mit dem Ganzen, oder auch nicht. Ein neuerdings in den sich in rasender Schnelligkeit anwachsenden Wortschatz infiltrierter Begriff kann angewandt werden und mit Verständnis rechnen: Entschleunigung. Gehen Sie alles ruhiger an, sagt der Wettermann, hier als Verkünder tieferer Weisheiten. Im Wald reifen die Brombeeren glänzend vor sich hin. Man kann sich an Zivilisationen erinnern, die von einem Sonnengott beherrscht wurden und werden. Feurige Rosse durchqueren das All und peinigen oft genug die dürstenden Erdlinge, die dem oberen Herrn, von dem vermutet wird, dass er das alles schaukelt, demütiges Opfer bringen, damit er sie nicht versengt mit seinen Forderungen. Dann gibt es natürlich auch durch die klug betrachtete Entschleunigung eine natürliche Möglichkeit der Reduktion auf genau d e n Moment, dem einzigen, in dem ein Mensch jeweils sitzen kann und von dem aus das Schicksal sich gestaltet oder gestalten lässt, was wiederum von Ausrichtungen und Einstellungen abhängt. Bei der damaligen Suche nach den Quellen oder vielmehr d e r Quelle der indischen Weisheitslehren kam ich einmal auf einen sehr simplen, aber doch nachvollziehbaren Gedanken, dass nämlich die als Quelle der Weisheit bekannten Weisen Indiens, Rishis und Munis genannt, was etwas den Worten Seher und Schweigender entspricht, einfach wegen dem Klima viel sitzen mussten (wie alle anderen), aber dann offensichtlich auch Anlagen hatten, die wissen wollten, was hinter den Erscheinungen liegt, da sie wegen den klimatischen Bedingungen mehr im inneren Drin saßen als darin aktiv waren. Auch die Weisheit des Tuns im Nicht-Tun kommt sicherlich aus einer Tradition, die das gute  und aufrechte Sitzen in die höchste Ordnung gehoben hat, vermutlich durch die direkte Erfahrung, dass das alles am besten auszuhalten ist, wenn man artgerechte Haltung bewahrt. Yoga und Meditation haben zweifellos auch etwas mit dem Bewahren der Haltung zu tun, da bekannt wurde, dass das Knochengerüst exzellent dafür geeignet ist, die Masse des Fleiches aufrecht zu erhalten, wodurch Atmen und Denken und Sein gleichermaßen erleichtert werden. Daher sind die Veden und Upanishaden  undsoweiter vielleicht weniger Kopfgeburten als vom Klima bestimmtes Ergebnis geistiger Einstellungen. Lange Zeit gab es dort Schulen, die nur unter schattigen Bäumen stattfanden. Die errungene Klugheit eines Volkes ist schwer zu beurteilen, wenn der Zenith seiner höchsen Möglichkeit bereits wieder weit überschritten ist und man von sich selbst gut beraten ist, den Blick bei der Gestaltung des eigenen Sommers auf sich selbst und die von einem geliebten Menschen gerichtet zu haben, um mit ihnen zu sein und zu bereden, was immer am Herzen herumliegt. Auch uns allen, und nicht nur Plato und Sokrates und den Anderen, die damals dabei waren, ist es vergönnt, am Herzen herumzuliegen, das Maß nicht aus den Augen zu verlieren und durchaus der Erotik des Daseins Tribut zu zollen mit der Sprache des Geistes, die nicht nur durch den Geist des Weines herausgelockt sein muss. Aber immer noch besser herausgelockt, als gar nicht erschienen.

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