kursieren

Der Mensch kursiert langsam aber stetig durch seine und ihre Geschichte, also wir durch unsere jeweiligen Anteile, und was uns als Wissen vermittelt wird, ist keineswegs bodenfest. Menschen, die sich gerne real oder pragmatisch nennen, zeigen dann gerne auf den nächsten Tisch, den man nicht leugnen kann, seine reale Beständigkeit aber wohl, denn auch da findet ständig Veränderung statt, auch wenn sie für das schnelle Auge nicht sichtbar ist. Realer dagegen sind vermutlich bestimmte Wünsche und Vorstellungen, wie das Leben eines Menschen einigermaßen erträglich gestaltet werden kann, da es offensichtlich von vielen Menschen als eine Bürde empfunden wird, die oft genug ausweglose Züge hat, obwohl auch klar ist, dass es immer und überall ein gewisses Maß an freiem Handlungsraum gibt. Wo dieser nicht mehr existiert, sind die Gefahren nicht rechtzeitig erkannt worden. Diese Gedankengänge sind ja bekannt. Auch gibt es das Phänomen, dass die meisten Menschen . dh. wir uns alle, für „gut“ halten, vielleicht sogar noch „frei“, was schon waghalsiger ist, wenn kein tieferes Reflektieren damit verbunden war und ist. Frei von was? Gut zu wem? In Indien habe ich mit einigem Interesse beobachtet, wie fasziniert die sehr emotionalen und argumentationsfreudigen Inder von der kontrastreichen emotionslosen Kühle z.B. der JapanerInnen, ChineseInnen und KoreanerInnen waren, vor allem mit „-innen“ hinten dran. Maskenhaft kühle Frauen, die an das digitale Zeitalter erinnern und daran, wie sie in ihren Kulturen schon zu ungeheuren Grenzüberschreitungen fähig waren wie Geishas und gebundene Füße, die ein Leben lang schmerzen. Als ich einmal im indischen Dorf mit einer jungen Chinesin ins Gespräch kam, war sie glaubwürdig überrascht darüber, dass viele Menschen ihre Landsleute unheimlich finden und fürchten. Sie schien von dem, was wir zu fürchten meinen. nicht so viel erfahren zu haben. Gleichzeitig schreitet China sehr schnell voran in der Entwicklung künstlicher Intelligenz, weil es finanzielle Unterstützung und keinerlei Widerstände dagegen gibt. Während ich noch nach der Landung im Schock über die neue Gesichtserkennungsmaschine am Flughafen durch das procedere taumelte und mich dies und jenes fragte, gehen die Chinesen vermutlich einfach voran, unbeschwert von der langen Liste der Vorstellungen, wie der Mensch sein könnte und sei, und was ihn zum Menschen macht und was nicht. Und was er ist, wenn er nicht Mensch ist, wie nennt man ihn dann? Und wer entscheidet? Vielleicht ist der Planet bereits ein (mehr oder minder) subtiles Kampfgebiet, wo sich durch die alchemischen und algoritmischen Gedankengänge aller Anwesenden entscheidet, wohin der Kurs führen wird, auch wenn das wiederum kein neuer Gedanke ist. Es gilt ja inzwischen als harte Arbeit, herauszufinden, was und wer Mensch ist und was und wer nicht. Das kann einer alleine ja nicht entscheiden, denn paradoxerweise kann ich ohne Gegenüber gar nicht wissen, wer ich bin, und auch nicht, wer der oder die Andere ist. Und sollte der (ja auch nicht so pflegeleichte) Roboter der zukünftige, sterbefreie bzw. todlose Lebensabschnittsgefährte werden, gut, dann tanzen dennoch weiterhin die Atome und verrichten ihr meisterliches Werk, das wir zum Beispiel auch beim reichbestaunten Tor von Toni Kroos bewundern durften.

Das kleine Bild oben rechts ist ein Ausschnitt eines Höhlengemaldes, photographiert von Miguel Ángel de Arriba, Zeitmagazin vom 21. Juni 2018)


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