WM/Erich Kästner

Bildergebnis für Fußball

Das war dann doch gestern Abend so etwas wie ein Volksgedicht in der Fußballwelt, oder man könnte es auch einen mystischen Vorgang nennen, und ich konnte es an mir selbst beobachten, wie die Abnabelung von der Volksseele sich in mir vorbereitete, da ich als potentieller Nicht-Fan einigermaßen gefasst dem Gescheiterten gegenübertreten wollte, denn man war ja („asha pasha vinir mukta“)  gut dabei, sich „von den Ketten der Hoffnung zu befreien“. Hallo! Is ja nur Sport! Da schießt auf einmal in den letzten verbleibenden Minuten einer ein Tor, ein Verursacher des letzten Verlustes, nun ein Held, der die tragödienumwobene Mannschaft des Schiffes aus dem Schlund des ozeanischen Abgrundes wieder an die Oberfläche des Wassers gehievt hat. Dann rackern sich sofort danach diese irrwitzigen Reporter an ihnen ab, als wäre einem das Ausmaß der Trägodie oder der Komödie sofort klar und könnte es analysieren und protokollieren. Selbst in den Wohn-und Public Viewing Räumen schnellen wir hoch und können’s nicht fassen: ein Gott muss unterwegs sein, der das doch noch geregelt hat, leider nicht für alle, die anderen hätten ja auch gern gesiegt. Zumindest mussten sie nicht danach nach Hause fahren. Die Deutschen sind ein Rätsel geblieben. Sehr hoch und sehr tief angelegt, und in der Mitte vieles, worauf man sich ungern verlässt, weil es schwer zu verstehen ist. Auch fleißig und verlässlich, meistens auch pünktlich, vieles wird nach der selbst gebastelten Hölle als Schmach empfunden. Und dann die Unsummen, um die es geht! Gestern habe ich, unterwegs mit der afghanischen Familie, in einem Shopping Center eine Menge Waren gesehen für den/die deutschen Fußballfanclubkäufer/in. Es gab sogar falsche Wimpern in den Farben schwarz/rot/gold. Wer kauft das alles, wenn wir verlieren? Undsoweiter. Es war natürlich schon eine große Erleichterung und ist es immer, wenn der Ball statt am Pfosten abzuprallen elegant ins Tor trifft.
Heute ist ja Sonntag, und ich habe hier zwei Sätze stehen von Erich Kästner, die ich als übernachtender Gast in einem Taschenbuch mit seinen Gedichten gefunden habe („Hausapotheke), die mir (unter vielen anderen) gefallen haben, weil sie so einfach und doch trefflich waren. Vielleicht ist ja dadurch eine Verbindung zum Fußball möglich.  Hier die beiden Sätze:

 

Bildergebnis für Erich Kästner

 

Warnung

Ein Mensch, der Ideale hat, der
hüte sich, sie zu erreichen.
Sonst wird er eines Tages anstatt
sich selber anderen Menschen gleichen.

 

Mut der Trauer

Sei traurig, wenn du traurig bist,
und steh‘ nicht stets an deiner Seele Posten!
Den Kopf, der dir ans Herz gewachsen ist
wird’s schon nicht kosten

 


Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert