Politeia

Vor vielen Jahren hat eine von mir geschätzte Meditationslehrerin mal im Unterricht nachgefragt, wer Zeitung liest. Sie war der Meinung, dass man zumindest auf diese Weise an den Informationen über das Weltgeschehen teilnehmen sollte. Bei allem Verständnis über politische Übermüdungen sehe ich das auch so. Es ist leicht, in einem Land, wo es einem gerade mal gut geht, etwas, was einen nicht so interessiert zu ignorieren oder für nicht denkenswert zu halten. Allerdings sitzen alle Völker in den Regierungen, die sie entweder gewählt oder die ihnen aufgezwungen wurden. Aufzwingen kann man nur, wenn man die Ahnungslosigkeit vieler Menschen ausbeutet. Auch über die Quellen der Ahnungslosigkeiten kann man reflektieren. Denn was man so hört über die laufenden Prozesse, an deren Resultat wir durchaus beteiligt sind, ja, was man so hört, ist ja nicht, was man selbst denken muss, es ist ja nur der Anstoß zum Denken über die Verhaltensweisen der Menschen und die Strukturen, unter denen sie ihre Leben gestalten, wie schon Platon in „Der Staat“durchgegrübelt hat. Auch die Hindus haben mächtig gegrübelt, wie das alles auf  beste Weise zu bewältigen ist, und die kollektive Ausrichtung an hoch angelegte Werte hat lange Zeit erstaunlich kultivierte Menschen hervorgebracht, deren Weisheit auch der Analphabetismus nicht im Wege stand, denn es gab genug Gelegenheiten, mit Weisheit und Werten in Berührung zu kommen. Eine meiner schönsten Erfahrungen in Indien waren bestimmte, leicht anzuregende oder angeregte Gespräche bei langen Zugfahrten, die sehr belebend und geistreich waren und auch eine spürbare Freude für gute Zuhörer, die aus anderen Abteilen heranströmten und lebhaft an allem teilnahmen. Politik ist interessant wie jedes Spiel, bei dem einerseits die Regeln festgelegt sind, andrerseits aber der Verlauf abhängig ist von vielen internen und externen Entscheidungen, die letztendlich zu Gelingen oder zu Scheitern führen. In Amerika darf man sicher von einer peinlich angenagten intellektuellen Elite ausgehen, die nun einen Herrscher wie Donald Trump vor der Nase haben, der gerade auf der bestehenden Weltordnung herumtrumpelt. Auch dieser unheimliche Kerl in Nordkorea soll auf einmal friedensliebender Mensch geworden sein? An den Esstischen dieser irrwitzigen Geschöpfe möchte man ja nicht einmal Maus sein, so wenig will man es sich vorstellen. Was Angela Merkel betrifft, gut, vielleicht ist ihre Zeit abgelaufen und ein Horst Seehofer lacht sich ins kleine Fäustchen. Aber trotzdem wäre es dann eine Zeit gewesen, wo wir eine ziemlich kluge und uneitle Frau an der Spitze unseres Landes gesehen haben, die bis zur letzten Minute ihrer Dienstzeit alle Achtung verdienen wird, die ihr gebührt. Nichts kann besser sein für ein Land als von einem Menschen regiert zu werden, der sich unter schwierigsten Umständen kontinierlich bemüht, angemessene Entscheidungen zu treffen, auch wenn gegen dunkle Machenschaften  und Gegenspieler kein Gras gewachsen ist. Von der eigenen Bemühung her, zu tun, was mir möglich ist, habe ich ein Verständnis für die Bemühungen anderer, zu tun, was ihnen möglich ist. Obwohl es oft so aussieht, dass immer m e h r möglich ist, sind doch auch allem persönlichen Tun und Sein Grenzen gesetzt, die es zu akzeptieren gilt. Man könnte auch sagen: alles ist politisch. (So wie man auch in anderem Kontext sagen könnte: alles ist poetisch, oder: alles ist philosophisch. (u.s.w.)

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