anschauen

Ja, das ist ein sehr kleines Bild. Trotzdem schaut einen jemand an, und man kann den Blick deuten, wie man möchte. Deswegen bleibt es erst einmal anonym. Man wird ja oft von einer unbekannten Person angeschaut. Sobald man „draußen“ ist, ist man im gegenseitigen Anschau-Bereich. Doch auch wenn man neugierigen Blicken begegnet, ist es nicht dasselbe wie anschauen. Es kommt offensichtlich auf die Anschauung an, ob man selbst Andere sieht oder von Anderen, und wie, wahrgenommen wird. Wenn wir schon bei der (notwendigen) Präzisionierung der Worte sind, und damit der eigenen Sprache,  so ist „wahr genommen“ hier vielleicht auch nicht das passende Wort. Man kann ja bei den Blicken, die in der Welt permanent unterwegs sind, keinen Anspruch auf Wahrheit erheben. Jeder gibt und nimmt seine und ihre eigene Wahrheit, insofern, ja, nimmt jede/r das seinige und das Ihrige wahr. Ob es nun von diesen separat herumwandernden Blicken auch noch zu einer gemeinsamen Wahrnehmung kommen kann, ist erwiesen. Es passiert in Konzertsälen und auf Rockerfestivals und bei manchen Beerdigungen, aber auch da eben nicht wirklich. Etwas bindet scheinbar zusammen, aber bindet es wirklich, und ist es überhaupt bindend. Was ist bindend. Letztendlich bindend, so scheint mir, ist doch nur die Verantwortung meiner eigenen Wahrnehmung gegenüber dem, was ich in diesem Moment der Zeit, meiner Zeit, wahr zu nehmen imstande bin. Vielleicht gibt es ja gar nichts Wahres, was ich nehmen kann, und die ultimate Anwesenheit des „Wahren“ ist das, was jeweilig da ist. Für Jede/n also das, worin er sich aufhält und mit dem, was unser Blick daraus macht. Die Wirkung meiner Sehweise zu ermessen. Auf der ganzen Skala vom Oben bis in das tiefste Unten. Wo und wie pendle ich meine Extreme aus. Warum ist das mittlere Maß nicht dasselbe wie mittelmäßig. Was für ein verschlossenes Buch der Mensch ist, wenn er so in Strömen hin und hergeht und denkt, das Ganze wäre irgendwie verständlich. Der/die sich die ihm oder ihr entsprechende Wahrnehmung mühsam erzeugen muss, und sich oft auch an ihr festhalten, damit das Fassungsvermögrn nicht verloren geht, das man anfängt, das eigene Leben zu nennen, obwohl man es gar nicht fassen kann. Es ist ja unfassbar. Was den befangenen Blick entschleiert ist ja nicht das, was draußen ist, sondern nur das, was drin ist. Daher führt kein Weg herum um das Drin. Mit dem Draußen muss man lernen, souverän umzugehen, denn jede/r sieht, was er will und kann. Das Erfassen des eigenen Blickes interessiert deshalb, weil er den Ausblick schult auf das Gegenüber. Da bin ich ja frei und ganz meine unterhaltsame Schulung. Mein Anspruch an mich selbst. Meine Herausforderung. Mein Schachbrett.Mein Ozean. Mein Nullpunkt. Undsoweiter.

Das Bild zeigt das Gesicht des Puttenengels, den ich in meinem Beitrag „firmen“
vor ein paar Tagen schon einmal etwas größer gezeigt habe Schon in der Kathedrale,
wo ich ihn entdeckt habe, war er weit weg. Wenn dem ehemaligen Künstler so etwas
gelingt, kann man nur danken. Wenn man, völlig unerwartet, seinen Blick noch
spüren kann.


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