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Wenn man an so einem Tag nicht jemand ist, der auf Demonstrationen geht, prallt das ganze Angebot des Freiraums auf die Frage, wie man ihn verbringt, an diesem anderen Ufer der Brücke, wo die Läden geschlossen sind. Gestern war ich noch mit einer Freundin aus Guinea, die bei Aldi einkaufen wollte, unterwegs  und überrascht, da ich im Auto bei dem schlafenden Kind blieb, so viele Menschen ein-und ausgehen zu sehen mit für meine Augen unvorstellbar überladenen Einkaufswägen, die alle zu signalisieren schienen, dass zuhause eine leergeputzte Wüste herrscht, die dringend aufgestockt werden muss, damit am freien Tag niemand hungern und dürsten muss. Das Wort „man“ ist auch nicht immer die adäquate Beschreibung dessen, was man persönlich erlebt. Es kann mit einer gewissen Sorglosigkeit benutzt werden, wenn es kein Versteck ist für das Ich, sondern eher eine mitlaufende Wahrnehmung darüber, dass Menschen doch auch sehr ähnlichen Situationen ausgesetzt sind, aber dann wiederum sehr unterschiedliche Verhaltensweisen damit verbinden, die man letztendlich nicht mehr verpflichtet ist nachzuvollziehen. Und doch ist es gut, das eigene Weltbild immer mal wieder mit dem Bild der Welt zusammen zu bringen. Wenn ich zum Beispiel ein halbes Leben in einer anderen Kultur gelebt habe, kann es passieren, dass ich den Blick verliere für die augenscheinlichen Differenzen und das Menschsein sehe als eine gemeinsame Herausforderung, wo es um sehr ähnliche, und dann auch um sehr verschiedene Werte geht. In Indien ging es dieses und letztes Jahr (z.B.) viel um ein neues Gesetz, dass von einem Richter befürwortet wurde, der offensichtlich davon ausging, dass alle muslimischen Frauen nicht möchten, dass sich ihr Ehemann durch das drei Mal ausgesprochene „talaq“ sofort von ihr trennen kann, aber Tausende von Frauen haben demonstriert und wollten kein Einmischen in ihre „talaq“-Struktur. Was soll man machen. In jeder Richtung gibt es schwarze Löcher, die sich ausdehnen ins nicht mehr Nennbare. Oder wenn ich meine eigene Story anschaue und eines solchen Tages wie heute mal denke: Wow! Da bin ich doch tatsächlich von der oft als solche wahrgenommenen Randgruppe, (wer? ja wer) der, ja wie soll ich sie jetzt nennen, KünstlerInnen, oder ReflektiererInnen, oder ForscherInnen, oder TraumatisierterInnen oder GestörterInnen oder DaseinsgestalterInnen oder GepeinigterInnen, alles innen und drinnen der am Rande sich Bewegenden, die ganze Gesellschaft also eine Randgruppe mit endlos vielen Bezeichnungen und Berufen, alle bemüht, die akrobatischen Künste des Teller-Jonglierens am Laufen zu halten. Denn wenn einer zerbricht, weist das auf etwas anderes hin, und da will der Eine oder die Andere mal auschlafen können und den Tag der Arbeit verpassen, da es überall um viel geht. Aber das ist ja gar nicht meine eigene Story! In meiner eigenen Story also schätze ich am Morgen die noch tiefere Stille in der Gegend, die einem ermöglicht, noch fassungsloser in die aufbrechende Natur zu starren, die auf einmal so schnell erscheint, als käme man gar nicht mehr mit mit ihrem Werdegang. Eine unmessbare Zeit breitet sich aus, in der man die Vorstellung von „Frieden“ erfahrbar machen kann. Dabei dachte ich schon früher gar nicht so viel über den Rand nach, wissend, dass die Forschungs-Labore selten ihren Eingang am Marktplatz haben. Auch von ihnen gehen die Gefahren aus, und die Kern-Kenntnisse der Zusammenhänge, und die narzisstischen Verfehlungen, und die reinen Momente des Glücks. Geschützt ist der Ort, wo die hmöopathische Dosierung ihre Wirkung entfalten und man von den Randbetrachtungen ins bewegliche Zentrum des Kerngeschehens schlendern kann und damit in den identitätslösenden Halt.

Das erste Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Zeit-Titelblatt, wo die Frage angeschnitten ist: „Wo bleibt die Arbeit?“, was ja zum auferlegten Stilletag passt. Allerdings könnte man auch aus „Wo Blei……eine Gedichtzeile machen, z.B.  „Wo Blei der Liebe Nahrung ist, geh weiter, lass das volle Maß, dass so der übersatte Geist sich gut erhole….undsoweiter….


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