Brückentag

Die Technik rechnet mit: 40 000 Blitze soll es um den Vollmond herum gegeben haben, die den sogenannten Brückentag eingeleitet haben, für den einige Ferien nehmen mussten oder wollten, und andere einen Zwangsurlaub. Den Brückentag kann man gut nutzen und kann sich zum Beispiel einen „Tag der Brücke“ gestalten. Man schränkt so viel wie möglich von den einen überbordenden Ideen ein, damit dieser Tag nicht auch noch vollgestopft ist wie alle anderen, in denen getan werden muss, und kontempliert das zu Überbrückende, oder die bereits geglückten Überbrückungen, und wie Brücken von einem gebaut wurden, die wieder zerfielen, und wie andere durch Sturm und Regen standhaft ihre gute Struktur behaupteten und man sich bedenkenlos auf sie verlassen konnte, soweit Bedenkenlosigkeit akzeptabel ist. Ich habe mich auch eine Zeitlang als Brücke definiert zwischen Orient und Okzident, es gab viele, die an den Brücken beteiligt waren, es gab und gibt immer wieder welche, die durch Hin-und Herfliegen ihre Bahnen ziehen, bis diese zu Strängen werden, und bis klar wird, dass die Brücke bereits Bestand hat. Innere Brücken sind von Natur aus einerseits feingewebter, können andrerseits jedoch auch extrem belastbar  und strapazierfähig sein. Der Weg zwischen den Menschen ist die Brücke. Sie ist die Möglichkeit, überhaupt zueinander zu kommen. Jeder hat potentiell gesehen das Material zum Brückenbau. Es kann das Lächeln sein, es ist sicherlich die Sprache, es sind die Signale und Gesten, mit denen eine Bereitschaft zum Aufeinanderzugehen signalisiert wird. Eine Seite kann ihren Pfad aufbauen, wird aber von der anderen Seite her nicht verbunden, dann muss das Konstrukt zurückgefahren und neue Möglichkeiten können erwogen werden. Wir waren zu zweit unterwegs zum Verkehrsamt in der naheliegenden Stadt. Um 7 Uhr 30 waren schon ungefähr 80 Menschen im Raum mit abmontierten Autoschildern, einer Nummer und ähnlichen Anliegen wie wir. Eine innere Brücke zu allen Wesen, wie sie gerne von einem selbst gewünscht und visioniert wird, zeigte Risse und Schadstellen. Ich fürchtete mich, meine Befindlichkeit zu kommunizieren, ein leichter Schwindelanfall, umkreist von Schildern und einer tickenden Folge von roten Zahlen, mit denen wir auf einmal verbunden waren. Ich erholte mich und blätterte auch ein bisschen in einem Magazin. Karl Lagerfeld war da zu sehen, der eine Menge Bäume fällen ließ, um irgendwo anders, wo nichts war, was mit ihnen zu tun hatte, einen Wald aufbauen ließ aus ihnen, den Bäumen, aus Lust an der natürlichen Künstlichkeit, die so elegant wirken kann, wenn man nicht tiefer darüber nachdenkt oder den irrwitzigen Fehler macht, sich Karl Lagerfeld mit Autoschildern im Verkehrsamt vorzustellen, schaffe ich es doch kaum mit mir selbst und bin angewiesen auf gute Begleitung. An solchen Orten gibt es allerdings auch überraschende Momente. Blitzschnell kann durch ein authentisches Brückenmaterial eine menschliche Sphäre entstehen, die das grausame Beton-Grau durchbricht und einen daran erinnert, dass alles überall möglich ist. Wenn es dann auch noch gut klappt und das Gewünschte ist vollbracht, freut man sich von Herzen auf einen Kaffee. da ist es erst 9 Uhr und der Brückentag weit offen, vor der Türe ein zugelassenes Fahrzeug.

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