antreffen

Das erste Bild oben ist das letzte, das ich in Indien gemacht habe, es war ein aus Versehen geklicktes, das mir sofort gefallen hat, so ein Hauch von Rad, das sich weiterdreht. Das zweite Bild zeigt ein paar Schneeglöckchen im Gras. Immerhin, es hat nicht diese eisige Kälte, die die IndienheimkehrerInnen fürchten, wenn das Flugzeug sich auf die deutsche Landebahn senkt. Vieles erstaunt auch an diesem Transit nicht mehr, die Dinge gleichen sich an, mal zum Besseren, und mal anders, weil mit dem sogenannten Besseren auch oft die Preise steigen, geistige und körperliche. Für meine Sicherheit auf dem Reiseweg zahle ich auch schon Preise, die mir unangenehm sind. Schon in der indischen Hotelhalle musste ich beim Rein-und Rausgehen aus der Tür durch ein Metall-Detektor-Tor treten, und bei der deutschen Kontrolle muss ich, ob ich will oder nicht, gehorsam sein. Ein einfacher Angestellter zeigt einem, also mir, wie’s geht, das neue System: man legt seinen Pass, nein, nicht so, sondern so!, auf den Apparat, dann öffnet sich eine Sperre und man muss in eine unheimliche Kamera schauen und sich abblitzen lassen. Das Photo möchte man nie sehen, es gehört ja auch der Polizei. Gut, das war vorgestern. Man landet ein bisschen nach und kann nicht gleich eine ganze Kultur zurücklassen, als hätte es sie nie gegeben. Das, was man bezeugt hat, lebt in einem weiter. Es webt sich ein in den Übergang und lagert auf Bereitschaft in den Archiven. Man schaut, ob und wo man ein paar wärmere Sachen zur Verfügung hat. Gestern habe ich in meinem Minimalisten-Blog-Beitrag  (MBB) die Worte „ausräumen“ und „einräumen“ vergessen. Und obwohl es mir vorkommt, als hätte sich im Zurückgelassenen verblüffend wenig Staub angesammelt, wandere ich jetzt wieder hier durch und wirble ihn auf. Immer wieder mal hat mich auch erstaunt, dass es in indischen Haushalten ausgerechnet neben der digitalen Technik und der Mikrowelle keinen Staubsauger gibt, das ist doch geradezu unheimlich. Eine abgrundtiefe Kapitulation dem Unbekämpfbaren gegenüber? Ein genetisches Angstsyndrom, ohne staubentfernende Dienerschaften das Leben fristen zu müssen mit einer niederen Handlangung? Zum Glück gibt es sie hier, die Staubsauger, um der geheimnisvollen Staubwelt auf die Spur zu kommen, auch wenn die Entstaubung der Dingwelten eine weitere Illusion ist. Das dritte Bild zeigt Amber Pichu, Hausname „Coco“ (in Indien ist es üblich, einen öffentlichen und einen Hausnamen zu haben), eine unserer zwei Katzen, die vor kurzem „kastriert“ wurde. Da denkt man, das ist einfach, dann wird was kompliziert nach der Operation, die Wunde eitert, das Tier darf wochenlang nicht raus, trägt eine Weile einen Kragen, dann ein Leibchen aus Kunststoff, damit sie sich nicht das Pflaster wegleckt. Innen resonniert was, noch offen von den vielen Schmerzen der Tiere, die man erleben musste mit dieser Ohnmacht, nicht hilfreich eingreifen zu können. Der blutende Affe, das abgerissene Hundeohr, die an Hunger verendete Katze auf dem Pflaster. Jetzt gibt es andere Möglichkeiten des Umgangs: die Fürsorge, das Kümmern, das Mitgefühl. Wenn der Mensch die Fürsorge für sich selbst nicht kennt und auch selbst nicht aktivieren kann, wie soll er dem Tier menschlich begegnen können? Da, wo wir wohnen, ist es still. So eine Stille kenne ich nur hier, in Indien ist sie sehr selten geworden. Keine Autos, keine Stimmen, nur Vögel. Dann die ersten Frühstücke, das Herantasten an die räumliche Möglichkeit des Momentes. Die guten, tiefen Gefühle. Das lächelnde Hineinhorchen in Telefonhörer. Das flackernde Feuer. Das Zuhause-Sein.

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