Guten Morgen

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Als ich noch in Deutschland war, fing das auf einmal an, dass ich aus Indien diese „Good morning images“ bekam. Hä!? dachte ich, was soll das denn, und da die romantische Ansprechbarkeit nicht in Frage kam, musste ich nicht lange grübeln, denn mir wurde klar, dass hier eine Sprache gefunden wurde mit bereits vorhandenen Worten und Gedanken, die es den Tastendrückern leicht machen, sich als Spender des Guten zu empfinden, was ganz dem indischen Ursinn entspricht. Der Pfad göttlicher Eingebung hin zum Kitsch kann eh sehr kurz und praktisch sein und verlangt keine weiteren Reflektionen. Nun habe ich aus Berlin einen Artikel zugesandt bekommen, der etwas Licht in die Sache bringt. Im Silicon Valley gab es eine Großgrübelei darüber, warum in Indien so viele Smartphones einfach erstarren und nichts mehr geht. Seit Indien online ist, verbraucht nahezu jeder User täglich seinen verfügbaren Space auf dem Smartphone und muss ihn leeren. Nun fanden die Researcher heraus, dass täglich eine unvorstellbare Masse an Blumen, lächelnden Babies, Vögeln und Sonnenuntergängen hinausgesandt werden aus Indien. Millionen von Indern sind zum ersten Mal online und es wurde bekannt, dass sie am liebsten ihren Tag beginnen, indem sie Grüße senden von ihrem Phone. Diese Aktionen beginnen vor Sonnenaufgang und erreichen ihren Höhepunkt gegen 8 Uhr, wenn indische Internet-Neulinge Millionen von Grüßen an Familienmitglieder und Freunde senden. Natürlich waren die Goldgruben-Haie nicht weit. Was zuerst nur Blumen und Kinder war, wurde erweitert mit Sprüchen von einer visual-search-platform in San Francisco, die einen ungeheuren Anstieg im indischen Downloaden verursachte. WhatsApp hat 200 Millionen monatliche User (!!!) und ist damit sein  größter Markt. Ein alter Mann, der genannt wurde, hat erst vor Kurzem ein Smartphone und liebt es, als allererstes ein Good Morning Image an alle ihm bekannten Menschen zu senden mit seinen Lieblingssprüchen, von denen er sagt, sie seien wirklich seine Gedanken in Worten ausgedrückt, zum Beispiel „Unser Herz ist das einzige Ding, das unermüdlich arbeitet. Halte es glücklich, ob es dein eigenes ist oder das eines anderen“. Oder den Göttern wird ein Spruch zugeschoben, der der indischen Vorstellung ihrer Denkweise entspricht. Narendra Modi, der indische Premierminister, ist der berühmteste Spruchsender. Er steht um 5 Uhr auf, macht Yoga (haha!) und feuert danach dann ganze Salven von Morgengrüßen in die jeweiligen Ministerien. Auch ist bekannt geworden, dass er sich bei einigen Anwälten beklagt hat, dass sie nicht auf seine Botschaften antworten. Es gibt auch weitere Klagen. Einige Nichten und Neffen haben sich beklagt, dass nicht nur ihre oft billigen Smartphones von den Grüßen ihrer Onkel und Tanten „frieren“, sondern diese rufen anschließend an und fragen nach, ob ihre Grüße auch angekommen sind. Schon gibt es im Goldgrubenhain neue Apps, die wie Spürhunde die Good Morning Images herauswittern und deleten. Das war nicht leicht, sagt Josh Woodward, der Google Product Manager: „Wir versuchten monatelang, die DNA der „Good morning greetings“ zu dekonstruieren. Als es gelang, kam vor allem von Regierungsbeamten viel Applaus. Doch es gibt auch Leute wie Kanwarjot Singh, der auf seiner Website Images anbietet und Hunderttausende von Indern loaden seine Bilder herunter. An Neujahr sollen von Indien 20 Billionen Neujahrsgrüße ausgegangen sein.
Nun bin ich mir natürlich darüber bewusst, dass diese Informationen für viele Menschen  nicht sehr interessant sind, denn nicht jede/r ist bombardiert worden mit Vögeln, Kleinkindern und Sprüchen. Interessant bleibt, dass man verstehen kann, was für ein Highlight es für die Millionen von Analphabeten sein muss, auf einmal eine Möglichkeit geschenkt bekommen zu haben, sich bildlich und sprachlich auszudrücken. Ich sag’s ja: Guru Google!

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