Im Innern der Schiffe


Hekuba: Nie war ich im Innern der Schiffe:
Ich weiß von ihnen durch Gemälde, die ich
sah, und Worte, die ich hörte. *
Das ist auch so ein Thema, das in vielen Variationen durch die Weltgeschichte geistert: dass man sehr wohl Wissen anhäufen kann über das Innere der Schiffe (z.B.), indem man Gemälde studiert oder sich von Wissenskundigen belehren lässt, damit das Bild sich anreichert  durch Interesse und Aufmerksamkeit. Aber egal, wieviel ich darüber nachgedacht habe, es fehlt dann doch die direkte, Erfahrung. Um zu wissen, wie es dort aussieht, muss ich in einem Schiffsbauch gewesen sein, und dann: in welchem. Jeder Schiffsbauch ein anderer, und doch geht es vielleicht hier nur um die Erfahrung, die durch Geruch und Gefühl und Geräusch ganz andere Dinge wahrnimmt als eine Buchseite das befördern kann, obwohl auch sie einiges Wunderbare vermag. Da ein ernster Umgang mit dem, was ich wissen will, empfehlenswert ist, drängt sich die Frage auf: um was geht’s. Geht es, um beim Beispiel zu bleiben, um die Navigationsgesetze, also Einstellungen, Richtlinien, Kompass, Steuerrad usw., und: wo geht die Fahrt überhaupt hin?  In „Raumschiff  Voyager“ durfte sogar mal eine Frau ans Steuerrad, ein Novum, obwohl man Gene Roddenberry nicht nachsagen kann, er hätte sich nicht um existentielle Durchbrüche in seiner anregenden Weltwahrnehmung bemüht. Auch kann man nicht so tun, als hätte sich nichts getan, obwohl ich die freie Handhabung eines Steuerrades bei Frauen zuweilen vermisse. Oft genug mussten sich Frauen in großen Gruppen zusammentun, um überhaupt einen Moment lang gehört zu werden, am besten zu genießen in dramatischen Chören, die der jeweiligen Tragödie eine Stimme geben. Die mächtige Klage „Ach und Weh!, was stricket ihr da, ihr unerbittlichen Gött:innen! ist auf die Erde zurückgeprallt, hinein in die Einzelheiten, also die menschlichen Lebewesen, die sich offensichtlich als gereift genug empfinden, um sich selbst (um beim Bild zu bleiben) als Nachen zu erfahren, der durch den Ozean steuert und auf einmal gewahr wird, dass es nie jemand anderen gab, der oder die am Steuerrad des Nachens saß (als man selbst). Oder aber sich langsam und sicher mit einem Stab vorwärts bewegend und sich im Innern des Körperschiffes neugierig umsehend: die Ausstattung, die Teppiche, die großherzige Räumlichkeit. Denn warum sollte es einem da wirklich schlecht gehen, wohnhaft im eigenen Schiff, mit jeder Pore atmend, damit das Lebendige den angemessenen Tribut erhält.
* Euripides: Die Troerinnen

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