Neu-Jahr

Heute las ich in den deutschen Nachrichten, dass die Silvesternacht eine wahre Schreckensnacht war, was vor allem die Verletzungen des menschlichen Körpers betrifft. Ich bin auch immer froh, wenn diese unpräzise Schicksalskurve vorbei ist. Meistens war ich zur Jahreswende in Indien und habe immer gestaunt, wieviel hemmungsloser Lärm gemacht werden kann, vor allem über Lautsprecher, die hier als Lockvögel dienen für alles, was in erlebnishungrigen Köpfen herumgeistert. Und früher bin ich dann, weil schlafen eh nicht drin war, mal raus, an den Junge-Männer-Horden vorbei zur Quelle der Ohrenbetäubung – und da war nichts. Was soll sein? Silvester kann ja für die, die gerne dabei wären, aber nicht wissen w i e, der Neujahrspartyhype noch schlimmer sein als die Weihnachtseinsamkeiten. Hat man es warm und sitzt oder spricht mit Freunden, kann das sehr genau das sein, was jeder Mensch möchte. Und nichts gegen Parties, doch auch sie müssen im Rahmen des Vorstellbaren stattfinden. Man kann sich gerne mal kurz ausmalen, dass praktisch die ganze Welt, und das sind viele Menschen, Silvester feiert, denn da ist auch kein trennender Glaube im Spiel, sondern es ist mehr ein planetarisches, spielerisches Herumgrübeln um das, was war und das, was sein könnte, wenn man es nur wissen können würde. Aber man kann es nicht wissen. Es geht ja auch eher um das Davor, etwas Erhofftes im Festgewand, eingerichtet von Menschen für Menschen, damit man die Kurve kriegt, wenn die Ziffer an der kosmischen Uhr klick macht und man dem Abschied vom Planeten eine Zahl näher rückt. Deswegen will man unbedingt, dass es anfängt, so, als wäre man auf einmal in der Kurve ein anderer Mensch geworden, der nun neu und wagemutig weiterschreitet. Im Vorher wurde so viel investiert, bis dann endlich die Böller wirklich knallen und klar wird, wo man sich befindet, und mit wem. Gestern abend war ich um die Dämmerung rum bei Gopal Milch und Honig  holen, und wie ein tanzendes Etwas konnte ich mich durch die unruhigen Massen bewegen, die, einem nervösen Kollektivkörper gleich, sich willig transportieren ließen vom Techno-Gott, mitten ins Ungefähre hinein. Als die Schallintensität sich bis ins Illegale steigerte, ging ich ans Fenster und schaute zum See hinaus: Totenstille. Techno-Tanz und Totenstille. Eigentlich ist es heute früh sonnig und warm und hell, das vermittelt mein heutiges Video allerdings nicht, aber es gefällt mir trotzdem. Wie ich durch die Dunkelheit des Raumes tastete und mich dann von der Stille des Außenraumes überraschen lassen konnte. Eine guten und angenehmen Beginn des Jahres wünsche ich allerseits.


One thought on “Neu-Jahr

  1. Anja Antworten

    Der Rahmen des Vorstellbaren wurde nicht nur im laut tosenden Jareswechsel strapaziert. 2022 hat den Rahmen gesprengt mit dem Leid durch den Krieg. Es ist für mich unglaublich, das auf der einen Seite Partys mit lauter Knallerei gefeiert werden und daneben knallts im Krieg. Da hat doch wer den Schuss nicht gehört denke ich mir. Das ist für mich völlig absurd.

    Ich wünsche für 2023 viel Liebe, Gerechtigkeit, Mut, gute Entscheidungen und Zusammenhalt damit Frieden und Freude regieren.

    Happy new year für dich liebe Kalima, fühle dich umarmt.

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