Jiddu Krishnamurti

Jiddu Krishnamurti | S. Fischer Verlage

Dem Verstehen und dem Verstandenwerden den gleichen Wert beizumessen ist ein Fehler; denn das eine ist schöpferisch, während das andere nur befriedigend ist. Das Verstehen kommt in den schöpferischen Momenten, und wenn diese selten und in großen Abständen kommen, dann suchen die Gedanken Ermutigung von der Umwelt. Je mehr sie Ermutigung und Befriedigung von außerhalb suchen, umso seltener werden die freudigen Momente der Schöpfung.  Je mehr wir durch Menschen abgelenkt werden, durch Vergnügungen, durch Trinken, durch die vielen Mittel, die Selbstvergessenheit bewirken, umso schwächer wird der konzentrierte, schöpferische Moment, in dem ein Verstehen ist. Dieser Moment wird nicht wiederaufleben, wenn man einen Wechsel der Szene oder der Umgebung sucht, was nur eine Ablenkung ist. Und während ein solcher Wechsel vorübergehend und oberflächlich belebend wirken mag, stellt sich diese unverminderte Realität, die Freude der Schöpfung, nur ein, wenn alle Ablenkungen, innere wie äußere, verstanden und damit transzendiert werden. Dieser Moment ist der Höhepunkt des negativen Verstehens, denn das Ungeschaffene ist immer neu, immer lebendig. Der Geist sucht verstohlen und listig einen sicheren Hafen zu erreichen, einen Ruheplatz, die Befriedigung, sicher zu sein. Doch nur im Moment der großen, bedingungslosen Unsicherheit, des tiefen Stilleseins, kommt das Verstehen.


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