schmerzhaft

Eigentlich stand ein Geburtstagsfrühstück auf dem Plan, auch immer ein bisschen extra Action, um den Ausnahmezustand zu koordinieren, der dann ja in die rechtmäßig zu erwartende Freude fließt, bzw. fließen kann, wenn eben alles dazu Erforderliche im Fluss ist. Nicht so heute. Um 6 Uhr früh meldete sich ein Freund, um wegen kaum auszuhaltender Schmerzen ins Krankenhaus gefahren zu werden. Umdenken der Planung, neue Einstellungen aktivieren. Wer fährt, wer bleibt, um nicht auf alles gleichzeitig zu verzichten. Neue Aufgabenteilung, mühelos. Zwei von uns fuhren also los und holten ihn ab. Man kann sich die Schmerzen eines Anderen ja gar nicht vorstellen, sondern weiß nur noch vage, wie es war, als man selbst damit allein war und die Anderen nur schemenhaft um einen herumliefen, um im Glücksfall hilfreich zu sein auf irgendeine Weise. Auf dem Weg ins Krankenhaus dachte ich an den Strom der Menschen, die ständig in dieser Situation waren und sind, jetzt noch verschärft durch Covid 19. Dieses Herumsitzen in schrecklichen Wartezimmern ist schon genug, jetzt aber die Krankenbetten hilflos davonrollen sehen, bei den Sterbenden nicht dabei sein können, bei den Leidenden auch nicht. Ich dachte auch daran auf dem Weg, dass die Maske, mit der ich mich unauffällig durch den einzigen Laden bewegt hatte, in dem ich zur Zeit einkaufe, jetzt im Krankenhaus nur eine Gefahr für mich darstellen würde, und diese medizinische Spitzmausmaske steckte noch in der Spitztmausmaskenhülle, die hatte ich jetzt nicht dabei. Allerdings hatte ich mich schon entschieden, den Freund nur bis zur Tür zu bringen, er hatte zum Glück so ein Ding auf. Es stellte sich heraus, dass wir eh nicht hinein durften, das muss man sich mal vorstellen. Kurz traf in mir Empörung auf eigene Zwergenhaftigkeit: ihn da übergeben zu müssen an wer weiß wen, auf jeden Fall den Überforderten von all dem Irrsinn, an dem sie näher dran waren als wir. Wir nur Sandkörnchen im Weltgetriebe, wenn ich mal schnell diesen wunderbaren Titel (Arte: Corona – Sand im Weltgetriebe) an mich reißen darf (dürfen!) mit dem unerfüllbaren Wunsch, er wäre mir selbst etwas früher eingefallen, was hätte man nicht alles damit verbinden können. Allerdings waren diese Beiträge nicht schlecht, sodass ich sie sogar schon empfohlen habe.  Interessant war diese Erfahrung, dass durch einen Notfall alles ausgehebelt wird. Man wird praktisch aus der eigenen Bahn geworfen und muss sich nun dem Erschienen ergeben. Wenn im Prozess etwas gelingt, ist man froh und kann zu den Festlichkeiten zurückkehren. Wenn man selbst nichts weiter tun kann, ist es angebracht, dass die Zuständigen sich kümmern. Wahr ist auch, dass es nicht nur schlimm ist, Schmerzen zu haben, sondern es ist auch schlimm, Schmerzen zu begleiten, wegen dieser Hilflosigkeit, wegen dieser Ohnmacht. Gestern abend hatte der Freund den Notarzt gerufen, der konnte ihm nicht nur nicht helfen, sondern danach wurde es noch schlimmer. Ich dachte, es wäre heute ein Leichtes, Schmerzen einzudämmen, sogar die schlimmsten durch die Palliativmedizin. Aber vermutlich muss das alles erst durch die Räder der medizinischen Mühle gemahlen werden, bevor das Erlösende verabreicht werden kann. Dann haben wir doch noch unser Geburtstagsfrühstück einnehmen können, alle ein wenig daneben, aber wird schon. Jetzt heißt es warten, bis wir hören, was eigentlich los ist. 

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