winterlich

Wenn schon Winter, dann richtig, könnte man denken. Schneeverwehte Täler und Zwerge, die auf dem großen Schlitten mit Santa…sorry, da bin ich abgerutscht in eine Zeit, wo es noch möglich war, das für möglich zu halten. Erstaunt lauschte ich einem sehr langen Wetterbericht, der von einer Menge querstehender Lastwagen erzählte, die deswegen bis mittags nicht fahren dürfen, und hunderte von Unfällen von denen, die unbedingt irgendwohin müssen oder noch kein Home-Office haben, oder innerhalb des Lockdowns ihre Kräfte für das Menschenwohl einsetzen. Denen, die gerne irgendwo hingehen, geht es bestimmt besser als denen, die nicht anders können als das zu tun, was ein Anderer für sie bestimmt. Jemand erzählte mir von einer Studie bzw. einem Experiment, wo es um Teilen ging. Vor zwei Kindern standen zwei vollkommen unterschiedlich gefüllte Gläser mit Süßigkeiten, was sie, wie später berichtet wurde, als ein Versehen empfanden und mühelos einen Ausgleich schufen. Dann bot man zwei Erwachsenen, die genau denselben Job zu verrichten hatten, unterschiedliche Bezahlung an, was beide fraglos akzeptierten. Man fand allerdings, dass sie sich aus dem Weg gingen, aber nie kam sie zur Sprache, die offensichtliche Ungerechtigkeit. Wenn es erfasst wird, aber nicht zur Sprache kommt, kann es ein nagender Wurm beim einen werden, beim anderen zu einer falschen Einschätzung des eigenen Wertes führen, hat der Eine doch mehr oder eben weniger bekommen als der Andere. Die Eiseskälte inmitten des Lockdowns vertieft noch einmal die Gegebenheiten, die einem dabei auffallen können. Die aalglatte Wand der Bildschirme etwa, die einem Lebendiges vorgaukeln, wo es nicht stattfinden kann. Immerhin kann sich praktisch  jede/r da ausdrücken, das ist ja schon viel und hat sicherlich auch einigen Wahnsinn verhindert, nicht ohne ihn auf anderen Kanälen zu vertiefen. Weiterhin geht es nicht nur um Covid und die Impfhektik, sondern um Geld und Macht. In Indien wurde das noch in meiner Zeit als gutes Benehmen gesehen, wenn der Reiche keinerlei Show macht von seinem Reichtum, ganz im Gegenteil: weniger ist mehr. Die Qualität des getragenen Tuches, das auf zwei Nägeln Platz haben sollte, konnte absolut hochwertig sein. Schließlich war der Reichtum kein Geheimnis, eher eine Verpflichtung den Anderen gegenüber, die nicht so betucht waren. Lang ist’s her, und wenn irgendwo ein Kalb vor meinen Augen zu Gold wurde, dann in Indien. (Selbst der größte Impfstoffhersteller hat dort sein Impfstoff-Imperium mit 350 Pferden, deren Blut der Herstellung dient). Heute bekomme ich von meinen indischen Freunden eher WhatsApp Bilder wie z.B. das mit einer jungen Frau, neben der steht: ‚Hört auf, Religion als Deckname für Faschismus zu benutzen‘. Noch vor ein paar Jährchen undenkbar, heute eine hörbare und weit zu verbreitende Botschaft, was es nicht einfacher macht für Menschen, die nicht geschult wurden in der Kunst der Unterscheidung. Oder wie man sich selber was zutraut. Denn auch das geht wohl nur, wenn das Kind nicht so geschädigt wurde, dass von der einst ungetrübten Quelle überhaupt noch was übrig ist. Ich denke aber, dass es eher selten ist, dass gar nichts mehr möglich scheint. Und wenn, dann lag es auch an uns Anderen. Dabei muss man sich weder zu ohnmächtig noch zu mächtig fühlen, denn die Kraft liegt wohl mehr darin, einfach dabei zu sein und dem, was meine Aufmerksamkeit braucht,  Beachtung schenken zu können. Es geht einen ja nur etwas an, wenn man entweder die professionellen Fähigkeiten besitzt, hier unterstützend zu wirken, oder man ist so berührt vom Erlebten, dass es eher zu einer natürlichen Aufmerksamkeit kommt, mit der man ohne weiteres dabei sein kann, ohne Harm anzurichten.

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