daheim

Da uns das Corona-Ereignis Tür und Tor geöffnet hat, uns je nach Einstellung und Befindlichkeit und Laune über etwas darin sich Bewegendes aufzuregen, konnte ich mich unter anderem auch darüber aufregen, dass einige der amerikanischen Stand-up Comedians, bei denen ich manchmal hereinschaue, ihre Late Night Shows, in denen die, die ich sehe, stets in angenehm dunklen Anzügen ihre teilweise exzellent dargebotene Performance offerierten, nun seit Wochen die ganze Show in ihren Häusern aufgebaut haben, auch wie wir nicht ahnend, wie lange die Fahrt dauern würde. Und nun sitzen sie da in ihrem Home-Dress, der sich in karierten Hemden definiert, und der Hund springt auf einmal herum, oder die Frau, die man gar nicht so dringend kennen lernen wollte, sagt auch mal was. Nein, sie sagte eben kaum etwas, sondern reichte ihm Postkarten, von denen er was ablas. Oder einer muss erklären, wo er im Haus denn sitzt und was das für Türen hinter ihm seien, oder warum der Stuhl im Hintergrund so klein sei. Das war ihm ja noch gar nicht aufgefallen. Und beleidigt wurde ein andrer auch ein bisschen, dass er beweisen musste, dass die Bücher, die auf einem Nebentischchen lagen, keine Attrappen seien, um den Eindruck fleißigen Lesens zu erwecken bei den neugierigen Zuschauern, sondern richtige Bücher. Und ihre Kinder, die da jetzt manchmal  herumkrabbeln, will ich auch nicht unbedingt mitbekommen. Nicht, weil ich Kinder in bestimmten Kontexten nicht auch wunderbar finden kann, sondern weil ich die Heimstimmung mit dem Comedian und seiner Intimsphäre nicht zu teilen bereit bin, da ich wegen seiner Solo-Performance eingeschaltet bin. Kurz und gut, ich muss mir gestehen, dass ich in diesem Kontext gar nicht den persönlichen Menschen suche, sondern ärgere mich, dass sie alle auf menschlich machen, während die Exzellenz ihres Vortrags darunter leidet, finde ich, und vielleicht finde nur ich das so. Das Corona-Epos lässt ja in seiner Selbst-Findung und Gestaltung einiges Finden auch an sich selbst zu, deswegen gelingt es einem dann ja auch häufig, die Verstimmtheit vom Außen ins Innen zu lenken, wo sie einfacher umzupolen ist und sich hier von Ablenkung zu Lenkung verwandeln lässt. Alles, was einen zutiefst selbst betrifft, kennt man ja meistens als ein Thema, das entweder regelmäßig mitläuft, um ab und zu mal die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu erlangen, oder man kommt zum triftigen Grund, wo man den Mitläufer mal etwas tiefer verstehen möchte. So komme ich schon mal in die Bredouille, mir selbst erklären zu müssen, warum ich das Persönliche und das Unpersönliche in meinem Universum als so ausgeglichen empfinde, vielleicht noch einen Hauch das Offizielle dem Persönlichen vorziehe, was einen sofort in die Not der Definition befördert. In Indien habe ich mir ziemlich schnell angewöhnt, das ‚Ab‘, also das Hindi ‚Sie‘ selbst Kindern gegenüber anzuwenden, da es  einfach eine wertschätzende Höflichkeitsformel ist, und das zuweilen benutzte Du mich eher in Distanz gehen lässt. Auf jeden Fall will ich darauf achten können, zu welchem Grad mir der persönliche Anspruch anderer den gewünschten Freiraum nimmt oder gibt. Ich denke, dass vor allem die meditative Praxis ermöglicht hat, diese Sphäre zu erspüren, die ich noch heute als meine einzige ‚Privatsphäre‘ bezeichnen könnte, während alles andere doch eher einem freien Space gleicht, in dem die lebendige Praxis des Beisichseins mit den Anderen sich ergibt, und durch das (persönliche) Erleben und die (eher unpersönliche) Reflektion sich das Jeweilige zeigt, was man in anderem Bezug auch das Resultat eines wissenschaftlichen Durchgangs nennen könnte.

 


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