vergleichen

Das Vergleichen kann eine Art Sucht sein, die, von den Süchtigen selbst unbemerkt, hemmungslos ihr Unwesen treibt. Der Impuls muss vom Haben kommen, oder auch vom Nicht-haben-wollen wie „ach, bin ich froh, dass ich eine weiße Haut habe“. Oder in Indien, wo Witwen auf den Straßen ungern wahrgenommen werden, weil sie als schlechtes Omen gelten (das Ungeheure leichthin geplaudert), könnte man vergleichen mit der Freude, keine Witwe zu sein, oder nicht auf dem Sklavenmarkt verbraten zu werden, sondern z.B. in einem Land zu leben, wo ein ziemlich großer Raum von Handlungsfreiheit zur Verfügung steht, wenn man mit den paar nachvollziehbaren Gesetzen nicht in Konflikt kommt: man muss vor allem angemeldet sein und einen gültigen Ausweis besitzen. In Indien, wo die Götter noch integriert sind in den täglichen Lebensraum, strebt dann so manch Einer danach, mit den Göttern verglichen zu werden. Schon die Eltern hängen gerne ein „Dev“ oder „Devi“ (Gottheit) an den Namen des Kindes in der Hoffnung, dass sich von der Schwingung was durchsetzt. Auch an der globalen Armee der Tätowierten kann man sehen, dass Haut mit einer anderen Haut irgendwo verglichen und der Gedanke geboren wurde: das habe ich nicht, noch nicht, aber das kann ich auch haben. Ist man mal durch irgendeinen Schubs in die wirbelnden Gewässer des Habenwollens geschwemmt worden, oder hat sich selber hineingeworfen, dann wird das Vergleichen eine von außen schwer erkennbare Suchtbewegung mit den Augen, die nach all dem suchen, was noch gehabt werden kann im Vergleich zum eigenen Schon-haben. Ich erinnere mich gerade (wieder mal) an einen Mann aus der untersten Kaste im indischen Dorf, der eine hohe Achtung genossen hat in der Gesellschaft, weil er praktisch alles, was man ihm brachte, in seinem winzigen Gehäuse reparieren konnte, ja, noch besser machte als zuvor. Er hatte eine schöne Sammlung von Nägeln, und so konnte man immer den passenden Nagel finden. Nein!, kein Ruf zurück meinerseits in den Urwald der Simplizitäten, nein, ich finde es beruhigend, dass es Obi gibt, wo auch alles, was man haben will, kaufbar ist. Alle Maschinen und ihre Erzeuger sind ehrenwert, wenn sie d a s zur Verfügung stellen, was man von ihnen braucht. Natürlich kann man nicht vergleichen, was der Eine oder die Eine wirklich braucht oder zu brauchen scheint, oder ein Recht darauf spürt zu haben, was man sich leisten kann, angesichts des Ackerns, mit dem man sonst beschäftigt ist. Das Vergleichen ist müßig. Du siehst aus wie….ja, wie wer denn. Vielleicht ist deshalb der Satz (von Gertrude Stein) „eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“ so berühmt geworden, weil er u.a. sagt, dass eine Rose immer eine Rose ist, auch wenn man sie „Blume der Liebe“ nennt oder was auch immer. Eines der Dinge, die man auf Einkaufsstraßen beobachten kann ist, dass, wenn es Frauen gibt, die offensichtlich ihre eigene Kleidungs-Komposition tragen und darin stimmig wirken, es Anlass zu vielen Vergleichen gibt. Das Auge, dass sich ans Vergleichen gewöhnt, kommt schwer davon los. Diesem Auge erscheint dann die Welt als ein Konstrukt, mit dem ich mich vergleiche. Es ist der sichere Weg zur totalen Anpassung bei gleichzeitiger Selbsteinschätzung, total individuell zu sein und alles genau so gut zu können wie die Anderen, im Vergleich also ganz gut abzuschneiden. Ich denke, dass ein freischwebendes Auge auch so etwas Schweifendes hat, das die Dinge erfassen kann oder nicht. Das Schädigende ist wirklich nur das Suchtverhalten, weil es einen darunterliegenden Mangel ausdrückt, da der natürliche Zugang zur eigenen Seinsart entweder verhindert oder gar nicht als eine mögliche Variante erkannt wurde.

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