ergo sum

Es ist klar, dass „ich denke, also bin ich“ nicht die letzte Aussage darüber sein kann, was oder wer ich bin, auch wenn die Fähigkeit, sich verbal ausdrücken zu können, erst einmal durch einen Schock gehen muss, wenn Gewahrsam einem vermittelt, dass es in der Tat auch den gedankenlosen Raum gibt, sozusagen ein Frei-Raum im Gedächtnis des Menschen, ein Spalt, eine Lücke, eine Möglichkeit. Dass der Geist eines jeden Wesens auf oft verblüffende Weise seinen Drang zum Freisein manifestiert, weist darauf hin, dass der Geist an sich das Wesen ist, für das wir Verantwortung übernehmen, was wünschenswert ist. Wir stellen uns Fragen, wir bemühen uns um ernsthafte Antworten, bevor wir andere vertreten. Wir nehmen uns Zeit für das Wesentliche. Nicht, weil es außer dem Angesagten noch viel mehr zu tun gäbe, sondern weil es Zeit braucht, um zu sich zu kommen, oft von weither, und meist ohne bewusste Praxis des Beisichseins. In gewisser Weise ist man ja schon bei der Geburt eine geballte Prägung, die sich langsam enthüllt oder entwirrt, und die vor allem auch mehr und mehr den Umgang mit der geistigen und körperlichen Materie bestimmt. Wenn man nun das Kennenlernen von sich selbst als den Hauptantrieb des Menschen sich selbst gegenüber sieht, wäre jede/r bereits im Strom seiner/ihrer eigenen Manifestation, und nur der bewusste Blick darauf würde die Erkenntnis bestimmen und bestätigen, welchen der Wege ich einschlage gemäß meiner vielfältigen Anlagen und Triebfedern, und welchen nicht. Egal, aus welchen Richtungen ich herdenke auf die Gestaltung dieses Blickes hin, so scheint es durchweg in allen um ein tieferes Verstehen zu gehen darüber, durch welche Lebens-und Verhaltensweisen Menschen ein sogenanntes „gutes“ Leben leben können. Wenn man bedenkt, was alles zur Sättigung  individueller Wunschlisten geleistet werden muss, dann kann man schon staunen. Ich erinnere mich an ein Bild in der „Times of India“, vermutlich auf der „Global“- Seite, wo man eine junge Frau, eine passionierte Bergsteigerin, im Krankenhaus mit Erfrierungsverwundungen sah, die ihren professionellen Bergsteigerbegleiter sterbend zurücklassen musste, um Hilfe zu holen. Also dieses Beispiel hätte ich mir jetzt auch ersparen können, weil einzelne Schicksale im Ozean einem irr erscheinender Lebensverbringungen ja nur mit einer eigenen Resonanz korrespondieren und einem unvermutet nahekommen können. Ich habe mich selbst einmal, angefeuert von einer mir damals logisch erscheinenden, aber doch ziemlich irren Idee, den Berg Amarnath in Kaschmir hochgeschleppt durch Eis und Schnee, und meine danach kurz vor der Erfrierung wieder auftauenden Zehen sind mir in schmerzhafter Erinnerung. Die Abenteuerlust muss sein und die Erfahrung des Überlebenkönnens auch, aber irgendwann auch die Erkenntnis des Gewichtes, was Entscheidungen betrifft, die richtungsweisend werden und am besten getragen werden von einer leise vor sich hinreifenden Liebe, der die persönlichen Sichtweisen weder als Schatten noch als Hindernisse im Wege stehen.

Bild: photographischer Ausschnitt einer Skulptur von Fritz Hörauf


Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.