Kindheit

Was den ersten Lebensabschnitt von Kindern in Indien betrifft, so sprengt die Bandbreite der Räume, in denen man sie aufwachsen sieht, zumindest für Menschen aus dem Westen so ziemlich alles Vorstellbare. Wenn man einmal nach Ankunft in einer Großstadt wie Delhi genügend geschaudert hat beim Vorüberfahren an den Straßenrändern in einem Taxi, kommt man an kleineren Orten wieder in eine gewisse Beruhigung. Bei dem Fest, das zur Zeit vor allem abends ab 10 Uhr auf Hochtouren läuft, übernehmen zuerst die Kinder das Programm. Sie schnitzen natürlich ihre eigenen Stöcke und hauen jenseits von Rhythmus auf den bereitliegenden Trommeln herum. Niemand  wehrt sich gegen die Ohrenbetäubung. Väter tragen stolz vor allem ihre kleinen Töchter zum Marktplatz. Es ist gut, auch mal nicht zu schaudern. Kindheit ist erste und direkteste Lebenserfahrung. Da, wo kindlche Kräfte wenig eingeschränkt und kontrolliert wurden, wächst vielleicht die Kraft für das Durchhalten und Überleben späterer Ereignisse. Hier sieht man auf den Straßen Kinder Roller und Motorrad fahren, noch ein Kind hinten drauf. Die Polizisten, auf anderes konzentriert, zucken nicht mit der Wimper, denn ihre Kinder fahren ja auch Roller, so ab 8 Jahren will ja jeder mal auf den Sitz. Andere Kinder wachsen mit behinderten oder bettelnden Eltern auf wie die Tochter von Halli, die jetzt neun Jahre alt ist und bildhübsch, man darf sich fürchten. In Hotels und Restaurants ist es üblich, dass Kinder arbeiten. Da man es nicht ändern kann, freut man sich schon, wenn der Boss sich anständig verhält. Kinder kann man leicht ausnutzen, da greift auch selten jemand ein. In so ziemlich allen Häusern, in denen ich mich bewege, arbeiten Kinder als Servants. Sie kommen oft aus Nepal, wo große Armut die Eltern zwingt, ihre Kinder nach Indien zum Verdienen zu schicken, wo das Bedienstetenleben üblich ist. Es gibt auch die Unart, Kinder als Götter zu verkleiden, um damit Geld zu verdienen. Dann wird viel geknipst bei den Touristen, oder man fragt sich, aus welcher Substanz wohl das tiefe Blau ist, das täglich ihren ganzen Körper bedeckt. Oder es kommt eine wandernde Familie vorbei, die auf dem Marktplatz für ein paar Groschen vorführt, was sie ihren Kindern an Verrenkungen alles beigebracht haben. Mittelalter und Neuzeit fließen nahtlos zusammen   Mit sechs Jahren, sagt man von Vertretern des Islam, sei Aisha zu Mohammed gekommen bzw gebracht worden? Aus der Sechs machte man dann später eine Neun, doch ist das schon das Ende der Kindheit? Die Regierung macht Versuche, Kinderhochzeiten zu verbieten, aber wenn das Thema einschläft , wird weiterhin mit 6 Jahren verheiratet. Man kann ja nie wissen, ob später noch Bräute vorhanden sind. Da drüben bei der Taubenfutterverkäuferin sitzt ihr kleiner Sohn und hilft bei der Arbeit. Arm ist, wenn man sein Kind nicht in die Schule schicken kann, auch wenn es bereits eine kostenfreie Schule gibt. Ich kenne eine Frau aus der Brahmanenkaste, die ihre beiden kleinen Söhne in einem dunklen Zimmer hält und manchmal den Größeren schlägt. Wenn die Familie nicht handelt, muss man mit der eigenen Hilflosigkeit umgehen. Es gibt ja auch viel Gutes zu berichten, wie zB Menschen im Bunker eines Krieges geboren werden und an der Morallosigkeit ihrer Geschichte reifen in eine tiefe Freude ihres eigenen Seins hinein.
Auf dem Photo oben sieht man den Sohn des Priesters, (der Papa ist gerade damit beschäftigt, den Steinphallus des Gottes Shiva zu ehren), Kontakt mit einer kleinen Tempelanlage, dann mit dem daneben sitzenden Mönch machen.

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