vorbereiten

Es ist unvermeidlich und unübersehbar, dass wir auf „Holi“ zugehen, das indische Fest, das scheinbar auch im Westen unter jugendlich Farbfreudigen sehr beliebt ist und ohne eine gewisse kollektive Enthemmung nicht wirklich abheben kann. Nun ist der Ort, den ich manchmal „das Dorf“ nenne, geradezu berühmt und berüchtigt für dieses Feiern, nicht mehr so sehr für das heilige „holy“ mit Ypsilon, sondern das mit „i“, berüchtigt also für Stunden von wildem Techno-Gestampfe, alles gut organisiert, und, soweit möglich, in Schach gehalten von Holi-Hütern, natürlich erst, nachdem viel passiert war. Das sind ja nur die Vorbereitungen, die gerade in Schwung gebracht werden für das eigentliche Toben, das dann am nächsten Freitag stattfindet. Zu meiner Überraschung höre ich so nebenbei, dass Polizei am Anfang des Dorfes stationiert sein wird, um Störenfriede aus anderen Städten und natürlich potentielle Terroristen abzufangen, dass aber die meisten indischen Männer (muss man schon gendermäßig so eingrenzen) deswegen schon Tage vorher anreisen und Zimmer belegen. Es ist eh schon derart proppe voll im Bazaar, dass man nicht weiß, ob man die Inder bedauern oder bewundern soll für diese subtile Eroberung ihres Lebensraumes, die als solches natürlich nicht erfahren wird, da alle nur auf gutes Business hoffen. Es werden, das habe ich auch gehört, 10 000 Israelis erwartet, die ganz wild sind auf diese Farborgie, für die eine Unmenge von Substanzen eingeworfen werden, um in Stimmung zu kommen und auch zu bleiben. Da es kaum einen Fluchtweg gibt, bleibt man am besten da, wo man ist und schaut, wie man durch die Tage segelt. Gestern Abend nämlich hat es angefangen mit dem Stocktanz auf dem Marktplatz und wilden Trommelwirbeln, nur ein paar geringe Meter von dem Haus entfernt, in dem ich lebe. Man geht dann irgendwohin, wo man eine Weile zuschauen kann, wie eine Menge Menschen sich sammeln und die Trommler anheizen, bis langsam die geschnitzten Stöcke am Platz ankommen (10pm), und dann wird mit den Stöcken im Kreis herumgetanzt und die Stöcke werden aneinander geklickt, die vom Vordermann und die vom Hintermann. Schwitz!, gar nicht leicht, sowas verbal einzufangen. Vielleicht ist es das Stammesverhalten, das so anregend ist, auch für die Travellers, weniger für die Touristen, die ja nicht ahnen können, wie harmlos das alles erstmal ist. An den Rändern des Tanzes gibt es heiße Milch zu trinken und natürlich den beliebten indischen chai, und ein Mann bietet verschiedenen Kuchen an. Das wird ja meist spät, bis sich für viele der Anwesenden der Süssigkeitsrausch  einstellt. Fünf Tage vor Holi fängt es also an: jeden Abend Stocktanz und ab und zu dazwischen auch mal Darbietungen der Fremdlinge mit goldenen Reifen, die wohl gerade wieder in Mode sind. Kein normales Hula hoop, nein, extreme Kunstfertigkeiten, die auf Smartphone-Videos in die indische Heimwelt wandern werden. Dann kam von rechts aus der Gasse noch ein aufwendiger Hochzeitszug dazu und wurde von Meistern des Planlosen sorgfältig durchgeleitet. Es gibt ein Hindi-Wort für diese spontane indische Kunstform, es heißt „tschugar“, kann man ja förmlich hören, was es ist, so ein freundliches Durchschubsen, bis es weitergeht mit den Stöcken oder mit was auch immer. Da dann nicht mehr viel anderes geschieht als Leute rein und raus aus dem Kreis mit den Stöcken, habe ich mich zurückgezogen und war überrascht, dass ich bei all dem Lärm mühelos einschlafen konnte. Es gibt eben diesen Ort im Zentrum des Wirbelsturms. Vorher bin ich noch schnell zum Nachbarn und habe versucht, bildlich ein wenig die Atmosphäre einzufangen. Die Lichterketten gehören auch zum Stocktanz. Man muss bedenken, dass das nur der müde Anfangskreis war, der sich gegen Mitternacht stark vergrößert in ausgelassener Männerrunde.

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