Zusammenspiel der Gegensätze

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Gegrüßt sei der ewige Widerspruch,
der lebendige Widerspruch.
Gegrüßt sei das unsterbliche Ja, denn
es trägt in sich das befreiende Nein.

Ja, wir wohnen im Gegen-Satz, und
unsere Werke leben fern von uns in
ihren Gärten. Wir alle wollen uns
selbst sein, und sind doch nur der
Spiegel eines Anderen, der in uns lebt
als wir, die Wahl also schwer fällt
zwischen dem, was uns am Boden hält,
und dem, was uns erhebt.

Man weiß nicht, ob der Körper das
Gefängnis des Geistes ist oder der
Geist eine Last für den Körper.

Wir wohnen im Zwiespalt, in scheinbar
unversöhnlichen Kluften, und kennen
das Nichterträgliche ungenügender Liebe
noch nicht, noch nicht genug.

Wir sind vertauschbar ohne ersichtlichen
Grund, und träumen heimlich nachts mit
offenen Augen von der bewegten Stille, die
unsere Sehnsuchtsgesten  ins Unzertrennliche
führt und in die formvollendete Zwanglosigkeit.

Schwarz ist hier ein hilfreiches Wesen, das uns liebt
mit seiner unauflösbaren Fremdheit. Wir können
sie ertragen, die Hochspannung ungeborener
Möglichkeiten im eigenen, inneren Raum, in dem
Ende liegen und Anfang zugleich.

Wir leben im Weiß, im Marmor, in der Perle.
Ein Weiß, in dem alle materiellen Eigenschaften
und Substanzen verschwunden sind. Wir leben
im Weiß, in der sichtbaren Abwesenheit aller
Farbe, und gleichzeitig in der Summe des Farbigen.

Ja, wir stehen mittendrin in der Zweiheit und
ergänzen uns selbst, indem wir das Unvereinbare
verbinden, das Lautlose hörbar machen und das
Hörbare lautlos. Und es zulassen, dass in manchen
Ländern der Mond weiblich ist und die Sonne männlich_
und umgekehrt Das extrem Weibliche i s t das
extrem Männliche.

Wir fühlen uns zögernd durch das Verhältnis der
Gegensätze zu einander, und nähern uns einer Ahnung
davon, wie es sein kann, wenn das Ich sich ergibt und
der Geist nur e i  n  e  n Ort hat zum Aufenthalt

Es ist uns ermöglicht worden, die Spannung der Pole
zu erfassen und  aufzufangen in einem einzigen Ton.
Wir sehen Lichtstrahlen, die abhängig sind von einem
Hauch von Materie, um sichtbar zu werden im Raum.

Wir haben Angst vor fremder Finsternis, die in uns
lauert als das eigene Selbst. Ach, zwischen dir und mir
steht dieser Widerspruch: das Unmögliche, das nach
dem Möglichen sucht, ohne das es nicht sein kann.

Wir wohnen in der Wechselhaftigkeit von Ja und Nein,
und haben nichts als diesen einen Punkt, an dem wir
uns begegnen, Juli 2016, virtueller Raum des Geschehens,
mitteleuropäische Zeit.


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