Genau: was man sich nicht vorstellen konnte über sich und von sich selbst, das kann doch auch eine angenehme Überraschung sein. So sehr eine errungene Erkenntnis einen ergreifen kann wie z.B. die Erkenntnis, dass es am Grunde des Seins keine Worte gibt, so entsteht genau dadurch ein freierer Raum, in dem unser existentielles Know-how die Sprache und den Ausdruck finden kann, der am besten dem eigenen Wesen entspricht. Man kann das auch lassen. Man kann alles Mögliche lassen, aber warum sich nicht am Ausdruck der eigenen Existenz erfreuen!? Was heißt erfreuen? Wer die Muße nicht mehr zur Verfügung hat oder die Wichtigkeit ihres Aufenthaltes, unterschätzt auch, was unter „Genuss“ verstanden werden kann. Für den einen ist es Genuss, dass es so viel gibt, was er nicht braucht, für den anderen ist es die Entgrenzung des gängigen Geschmacks, die Betrachtung der Wolkengebilde, das Zulassen von Schmerz. Nie hätte ich mir vorstellen können, dass ich an einem Blog Freude habe. Freude ist hier, dass damit eine Möglichkeit auf mich zugekommen ist, in deren Räumlichkeit ich um etwas in mir ringen kann. Klingt nicht so federleicht, und ist es auch nicht. Es ist das Risiko, jeden Morgen diesem leeren, wenn auch wohlwolled wirkenden Raum gegenüber zu stehen, bzw. zu sitzen. Die Weltgestaltung läuft, und ich bin „nur“ zeitweilig Anwesende. Geht es mir um etwas? Ist es wichtig, ob und warum ein kleines Bild aus Damaskus mich berührt. Weil es so schön ist, oder weil ich das Ausmaß des Schreckens nicht wirklich fassen kann? Ob ich das, was mir am Herzen liegt, auf einer Trompete spiele, oder ob sich meine Gedanken oder Zeilen in den Ruinen zerstörter Städte niederlassen…auf jeden Fall muss ich schauen, dass ich für das, was mich kümmert, den Weg frei halte. Ich meine: frei auch von mir und meinen Widerständen. Jeder Morgen ist anders. Obwohl ich Grund habe zu vertrauen, dass aus dem Freigeräumten etwas auf mich zukommt, was mein Geist gerne aufnimmt und zu weiteren Gedanken anregt, so gibt es doch keine Garantie. Möglichkeit ist nur, wo ich letztendlich bereitwillig da sitze, wo etwas entstehen kann, um dann mit dem Material aus den inneren Archiven, das mir zufließt, etwas zu gestalten, was dem Moment und meinem Zugang dazu entspricht. In der Meditationspraxis scheitern Menschen oft an dem Irrtum, gutes Sitzen mit Yoga zu verwechseln. Gutes Sitzen ist aber nur die Voraussetzung für andere Erfahrungen oder Zustände, um die es geht. meistens basierend auf Weisheitslehren oder Zielen, die als universell gelten. Man lernt günstigerweise, sich so lange aus dem Üben nicht zu entlassen, bis das Üben einen entlässt und man ein weiteres Feld betritt. Auch der leichtfüßige Schritt täuscht gerne darüber hinweg, dass es einen leichten Schritt an sich gar nicht gibt. Es ist die Regelmäßigkeit des mutigen Sprungs, der einen wissen lässt, dass er gelingen kann, aber dass es keine Garantie dafür gibt. Eine vollkommen durchtrainierte Stabhochspringerin analysierte jahrelang die Sekunde, in der sie d e n Fehler machte, der sie in den Rollstuhl brachte. Was, wenn ich keine Antwort finde? Was, wenn es keine gibt?