nachhängen


Da sitze ich und merke, dass nichts aus mir herauskommt.
Etwas hängt noch herum. Warten, bis gar nichts mehr da ist.
Der Helfer, der mich gestern zum Krankenhaus gefahren hat,
trabt viele Male vor mir her, eine Strecke nach links, dann
wieder nach rechts. Es ist sein Morgensport. Er kommt gar
nicht auf die Idee, dass es mich stören könnte. Da mein
Notizbuch heute öfters mal zu ist, nimmt er u.a. die
Gelegenheit wahr, mir zu erklären, dass sein Dienst an mir
gestern nur „humble duty“ war. Demütige Pflicht also. Hat
er auch gut gemacht. Nur ich muss mich neu ordnen. Ein
Sadhu, der mühsam zu mir hochklettert, will Bakshish. Ich
habe keine Lust auf Bakshish und halte eine kurze Rede über
die Untugend der Babas, uns Foreigners immer anzubetteln,
als wären wir die „crorepatis“ (Millionäre) der Stunde.
Warum er seine Arbeit nicht tue, füge ich unnötigerweis
hinzu. Er sagt, er will nach Vrindhaban (Krishna’s Ort),
und Bacchans, also heilige Lieder, würde er auch singen.
Schon bin ich erweicht, habe aber nur einen 50 Rupienschein,
das ist zuviel. Einen jungen Dabeisteher (immer steht ja
jemand dabei oder kommt dazu) frage ich, ob er nicht fünf
Rupien für den Baba hat, denn schließlich seid ihr ja beide
Inder und könnt einander helfen. Er ist verlegen.
Drinnen im Gepäck hätte er schon was – und weg ist er.
Inzwischen hat „HumbleJi“ auch seinen Sport beendet und
der Sadhu wandert weiter mit seiner stainless steel Bettel-
Schale. Das alles deutet lediglich darauf hin, wie ich selbst
drauf bin. Wenn ich jetzt das noch „Hängende“ willentlich
enthängen wollte, würde es noch schlimmer werden. Es
muss der Schreck in den Gliedern sein, denn ich kenne ja
schon den Auslöser. Aber die Aufmerksamkeit geht doch
immer wieder zu dem Angriff der Tiere.
Die Gewalttätigkeit des Angriffs. Das heißt, ich sitze
gar nicht ganz hier, etwas ist woanders unterwegs.
Zum Mittagessen mit Pankaj bringt er Mukhul mit, einen
indischen Freund, der in Texas lebt. Er hat vor 3 Jahren
seinen gut bezahlten Job hingeschmissen und ist „auf der
Suche“. In Tamil Nadu war er im Ashram des „Sadhguru“,
wo, wie ich höre, die phantastische Statue von Shiva steht,
von der ich im Beitrag ‚Shiva Ratri‘ ein Bild habe.
Hinreißend! Vielleicht bekomme ich mal heraus, wer sie
gemacht hat. Von dort hat er ein Video mitgebracht,
in dem Narendra Modi und der Guru eine Show abziehen
mit tosenden Trommelwirbeln und entfachtem Feuer- und
Puja-Taumel, und die beiden Jungs dazwischen in ihrem
Spieltrieb, schillernde Schals tragend und wallendes
Heiligenzeug, da kann man was lernen, ich weiß nur nicht
was. Mukhul hat eine Maschine mitgebracht, mit der man
testen kann, wann und wo man in Gedanken abdriftet.
Man soll 3 Minuten ruhig atmen und dann zeichnet das
Gerät auf, wo von 3 Ebenen man sich aufgehalten hat.
Da ich tatsächlich weder Gedanken noch Eingebungen hatte,
war ich nicht überrascht, auf der Gedankenebene keinerlei
Bewegung zu sehen, es war eher still, ruhige Linien.
Fand ich gut.


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