Foreigners

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Sie wirken nicht immer so dekorativ wie diese Japanerin, die sich in meinem Photo im goldenen Glanz der Abendsonne von ihrer Begleitung belichten lässt vor der grandiosen Architektur. Aber sie, d.h. wir, die AusländerInnen, sind nicht mehr wegzudenken vom indischen Alltag. Im Jahr meiner Ankunft gab es außer mir noch eine Australierin, die im Dunkel undurchsichtiger Welten ein Verhältnis mit dem tantrischen Priester hatte. Doch von was die meisten Einheimischen sich noch vor Jahren naserümpfend abgewandt haben, ist nun ihr Erwerb geworden, ihr Haus, ihre Zukunft und die Zukunft ihrer Kinder und Enkelkinder. In der Unterwelt des Dorfes arbeiten bei düsterem Licht die neuen Diener der neuen indischen Herren, deren Herren wiederum die Fremden sind aus den vielen fremden Ländern. Wir reden von Schneidern und Nähmaschinen, die rattern bis tief in die Nacht im Hades, wo das Lichtlose seine Spuren und seinen Preis hinterlässt auf müden Gesichtern. Die fremden Auftraggeber kommen in angenehmer Jahreszeit, geben ihre Auftragswünsche durch, und ab geht’s, meist auf herrlichen, alten und neuen und hochgemotzten Royal Enfields, ab also geht’s nach Goa in die portugiesische Traumstation für hungrige Geister. Derweil kommen hier im Städtle andersartige Fremde an und bevölkern die überzähligen Guest-Houses und Hotels und Resorts, die alle dem „smart city“ Projekt der Regierung hinterherhecheln. Naja, viele haben auch schon ausgehechelt, denn ihre neuen Häuser stehen, und die vielen Glühbirnen in der Deko lassen die Elektrizitäts-Rechnungen hochschießen. Im Bazaar weiß man auch nicht mehr genau, wer nun was am liebsten kauft und trägt. Die sich durch die Welt bewegenden Touristengruppen pilgern vorbei an den Auslagen, schauen alles an, kaufen oft nichts, gewarnt von dem Gruppenführer, der wiederum bei seinen Connections Kommision einheimst. Ist ja alles nichts Neues, ist überall so oder ähnlich. Doch je mehr Gruppen erscheinen, und das von ihnen Erwünschte herbeigeschafft wird, desto mehr verschwindet von der Bildfläche, was wir so schön finden und fanden. Das indische Volk stolpert durch die gefürchtete Maya, immer weiter entfernt von der eigenen Weisheit des Landes, und immer tiefer hinein in die nimmerendenden Gelüste, die nun zur Auswahl stehen. Dann kommen die ehemaligen Hippies zurück aus dem Beach-Festival und lassen die geprüfte Ware packen. Die geht in die westlichen Märkte. Wieder marschiert die neue Händler-Kaste der Fremdlinge durchs Dorf, schwer tätowiert und unfehlbar mit Rastahaaren beladen, vor bunten Bob Marley Gemälden ihre Joints drehend, als wäre die Uhr stehen geblieben. Dann ist alles fertig vom Gewünschten, das nun von dürren, einheimischen Körpern auf Ledeflächen mit Rädern zum Abtransportplatz geschoben wird. Alles ist inzwischen gut organisiert. Die Inder sind Meister im scheinbar Menschenunmöglichen. Sie schauen auch nicht mehr so genau hin auf die Fremden (ich auch nicht). Zu unübersichtlich ist alles geworden. Im günstigsten Fall führt das alles zurück zu sich selbst. Dort findet neues Grübeln über die Gestaltung eigenen Lebens statt. Dringend notwendig! Viel Erfolg wünsche ich euch allen, denn jetzt wissen wir, dass es kein Scherz war mit dem Geheimnis der schillernden und verlockenden Maya!
Nicht, dass ich die Vollständikeit des Beschriebenen anpeile, denn es gibt sie nicht. So will ich aber doch noch d i e Foreigners erwähnen, die still und aufmerksam an den Ufern sitzen, oder im Herumgehen offensichtlich berührt sind von dem Mysterium des Daseins, das uns zur Verfügung steht. Auch dieser tiefe, wertschätzende Blick von uns Fremden hält das Ganze in seinem unsterblichen Bann.


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