Herumliegendes


Ab und zu mal hatte ich die Idee, einen Ort für beschädigte Götter zu errichten, die hier zuhauf anzutreffen sind. Was für Schönheiten habe ich in dieser Welt hier am See achtlos herumliegen sehen. Für den Hindu war und ist ein geschädigter Gott kein Gott mehr, was verständlich ist. Allerdings sind die dramatischen Auftritte ihrer „Devtas“ (Gottheiten) auch nicht ohne. Da fehlt zwar kein Arm oder kein Finger, dafür donnerts und wetterts in ihren Stories ganz schön gewalttätig bzw menschenähnlich herum. Aber die Murti (Statue/Abbild) muss vollkommen sein. Bei meiner damaligen Ankunft am Ort waren die Ufer voll mit diesen Liegengelassenen aus Marmor, Gips, Papier, alles durcheinander. Den schönsten Kopf habe ich bei LalaJi in einer Ecke im Tempel gefunden, achtlos hingeworfen mit anderem Gerümpel. „Klar, nimm ihn mit!“, sagte er, „aber mit einem Schal drüber, damit niemand denkt, etwas Wichtiges wäre weggegeben worden.“ Ein schwerer, bildschöner Kopf, der nun meine Behausung ziert. Ab und zu nehme ich mal was mit, niemand kümmert sich drum, keiner vermisst es, immer
kommt was dazu. Junkies haben herausgefunden, dass Foreigners da nicht so zimperlich sind. Richtig. Unsere Zimperlichkeiten sind woanders gelagert.Wir haben ja auch nicht so viele Götter, die wir herumliegen lassen können. Ich dachte mir damals, wie reizvoll es wäre, sowas wie eine Galerie/cum Gottheitenhospital zu errichten, wo begnadete Künstler die Figuren wieder heilen bzw vollenden könnten. Da die Hinterhöfe der Tempel aber voll sind mit diesen göttlich Entsorgten, würde aus geheilten Göttern schnell ein Business werden, und ich könnte nicht mehr über die Herumliegenden staunen und ab und zu mal ein Photo von ihnen machen.

Dann gibt es noch andere Dinge, die sehr auffallend herumliegen, sodass sie von den KehrerInnen kaum zu bewältigen sind, und das sind Kleidungsstücke. Ja, nicht nur die obere Schicht der Kleidung liegt herum, nein, sondern
auch Unterhosen, Bh.‘s und natürlich Schuhe, oft auch gute Schuhe, die keineswegs ausgelatscht sind. Waren sie so beglückt nach dem karmagesegneten Bad, dass sie nicht mehr wussten, dass sie vorher Schuhe anhatten!? Dann die
vielen bebilderten Schachteln, wo die neuen (Männer)-Unterhosen drin waren! Ganz eindeutig sind sie von einer Liebestöterindustrie hergestellt worden, und gut!, sowas lässt sich dann schwerelos zurücklassen an den Ufern der Segnungen. Aber Berge von all dem!… Doch nicht alles bleibt weiterhin ungenutzt. Arme Menschen suchen sich neue Schuhe aus, und so manchen Sadhu (Mönch) habe
ich herumgehen sehen mit einem orangefarbenen Sari, natürlich anders drapiert, vielleicht noch mit einer verräterischen Goldborte am Saum. Seit das Bürgermeisteramt von der Regierung (Projekt: Create smart city!) Millionen eingesteckt und tatsächlich als Beweis von Erhaltenem ein paar Abfalleimer aufgestellt hat, könnte man meinen, dass alles da reinkommt! Weit gefehlt! Es liegt herum, bis es so viel ist, dass sich einer erbarmen muss…oder so jemand wie Vasundhara Raje, die Chief Ministerin der Gegend, kommt zu Besuch. Dann aber!


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